Er hat – „gelegen oder ungelegen“ – seine begründete Meinung gesagt, hat – „so gut es als Mensch geht“ – geradlinig und sachlich seine Arbeit gemacht: Kardinal Karl Lehmann. Das hohe Maß an Anerkennung, Respekt und Sympathie, das ihm in Kirche, Gesellschaft, Politik und Wissenschaft zuteil wird, hat er sich redlich verdient.
Am 16. Mai – Pfingstmontag – wurde Lehmann 80 Jahre alt. Es war sein „letzter Arbeitstag“ als Bischof von Mainz. Papst Franziskus hat sein altersbedingtes Rücktrittsgesuch angenommen. Das teilte zum Ende des Geburtstagsgottesdienstes der päpstliche Nuntius Nikola Eterovic mit.
Ein „Mann des Dialogs“ tritt zurück
Dass Lehmann seine Arbeit als Bischof aufnahm, ist bald 33 Jahre her. Am 2. Oktober 1983 wurde er im Mainzer Dom zum Bischof geweiht und in sein Bischofsamt eingeführt. Mit 47 Jahren war er der damals jüngste katholische Bischof in Deutschland. Karl Lehmanns bischöflicher Wahlspruch „State in fide“ (Steht fest im Glauben) gab die Richtung seines künftigen Tuns an. Wobei für Lehmann gilt, dass die Treue zum Glauben und die Treue zu den Menschen zusammengehören und sich Glaube und Vernunft nicht ausschließen. „Der Glaube ist ein Gehorsam, der wenigstens potenziell mit der menschlichen Vernunft übereinstimmen muss“, sagte er einmal.
Grundsätze, die nicht zuletzt sein langes Wirken als Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz von 1987 bis 2008 bestimmten. In dieser Zeit vor allem erwarb er sich den Ruf, in dem er bis heute steht, nämlich ein „Glücksfall für die deutschen Katholiken“ zu sein, ein „Brückenbauer“, ein „Mann des Dialogs“, ein „Mann von unerbittlicher Friedfertigkeit“. Als solcher führte Lehmann auch nach dem Fall der Mauer die Katholiken aus Ost- und Westdeutschland zusammen, trat und tritt er unermüdlich für den Schutz des Lebens ein, gibt er nach wie vor Impulse für das ökumenische Gespräch.
Lehmann steht für ein weltoffenes, lebensbejahendes Christentum, ist ein allseits gefragter und geschätzter Gesprächspartner und für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ein nach ihren Worten „väterlicher Freund“.
Für Lehmanns Selbstverständnis von besonderer Bedeutung ist das Zweite Vatikanische Konzil (1962-1965): „Ich identifiziere mich mit meiner ganzen priesterlichen Existenz und in der Ausrichtung meines Dienstes daran. Ich könnte mich gar nicht denken ohne das Konzil.“ Für ihn ist das Konzil ein Prozess, der noch nicht zu Ende ist: „Das Feuer des Konzils ist nicht erloschen.“