Sonntag: Psalm 23
Montag: Kolosser 3, 18–4, 1
Dienstag: Kolosser 4, 2-6
Mittwoch: Kolosser 4, 7-18
Donnerstag: Daniel 1, 1-21
Freitag: Daniel 2, 1-23
Samstag: Daniel 2, 24-49
Die Bibellese wird fortgesetzt mit einem äußerst spannenden Buch: dem des Weisen und Gottesmannes Daniel (höchster, gerechter „Richter ist Gott El“). Er lebte in später babylonischer und vielleicht schon persischer Zeit im 6. Jahrhundert vor Christus als Jude im Exil. Kein anderes Buch des Ersten Testamentes reicht an die kosmopolitische Weite heran, die bei Daniel zu finden ist.
Wenn es in den überlieferten Texten heißt, das „Volk“ Israel sei nach Babel ins Exil weggeführt worden, dann bedeutet das keine Völkerwanderung. An den historischen Spuren ist zu erkennen, dass vor allem die Elite aus Politik, Handwerk und Wissenschaften betroffen war – zehn Prozent der Bevölkerung etwa, vielleicht sogar weniger. Die Schicht der einfachen Bürger blieb zu Hause und konnte immerhin die Äcker bewirtschaften. Mit den Fachleuten war praktisch ein ganzes Volk „seiner Seele beraubt“, so dass im öffentlichen Leben kaum noch etwas wirklich richtig funktionierte. Ein Machtzentrum jedenfalls konnte dort nicht mehr so leicht entstehen.
Daniel gehörte zu jener „Elite“, die im Exil keineswegs in Ketten schmachtete, sondern eine neue Welt kennenlernte. Während der judäische König Jojakim daheim in Jerusalem das Leben in einem kleinen „goldenen Käfig fristete“ wie es auf einer Stele spöttisch beschrieben ist, wurden die jungen Begabten mit der besten Bildung dieser Zeit ausgestattet und mit den entsprechend jungen Köpfen anderer Kulturen bekannt gemacht. Dem babylonischen König lag also nicht an der Vernichtung oder gar Ausrottung der besiegten Völker, sondern an einer weltoffenen Umerziehung. Das den Israeliten bekannt gewordene Wissen hat nach der Rückkehr auch erhebliche Auswirkungen auf die Bücher des Ersten Testamentes gehabt. Der erste Schöpfungsbericht (1. Mose 1) ist das bekannteste Beispiel dafür.
Die jungen Leute um Daniel haben alles Neue positiv angenommen. Sie benahmen sich wie Weltbürger und erhielten entsprechende Aufgaben und Verantwortung in dem riesigen babylonischen Reich. Nur an ihrem Glauben, an den Geboten und Weisungen des „Gottes der Väter“ (Daniel gebraucht den Namen Jahwe fast gar nicht) wurde kompromisslos festgehalten. Und dieser Gott war schon immer der Herr über die ganze Welt und über alle Völker. Er war zwar in besonderer Weise im gelobten Land und da besonders in Jerusalem mit seinem Tempel nahe. Aber die Juden im Exil zweifelten nicht daran, dass Gott auch in Babel wirksam ist und die Gebete von dort erhört. Von dieser Weite legt das Buch Daniel Zeugnis ab. Und natürlich spiegelt es die Faszination und den Zauber orientalischer Geschichten wider. Die Männer im Feuerofen (Daniel 3), Belsazars Gastmahl (Daniel 5) und Daniel in der Löwengrube (Daniel 6) sind nur einige davon.