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Deutsche Bischöfe warnen vor politischer Entwicklung wie in den USA

Hass und Hetze vergiften das gesellschaftliche Klima in den USA – und bald auch in Deutschland? Die katholische Kirche will sich dem entgegenstellen.

Die katholischen Bischöfe warnen eindringlich vor einem Überschwappen von Hetze und Spaltung aus den USA nach Deutschland. Politik und Kirchen müssten dem entgegenwirken und auch die Brandmauer gegen die AfD halten, mahnte am Donnerstag der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing. Auch im Vorfeld der nächsten Landtagswahlen dürfe es keine Signale für eine mögliche Zusammenarbeit mit der in weiten Teilen rechtsextremen AfD geben.

Zum Abschluss ihrer Herbstvollversammlung in Fulda stellten sich die Bischöfe hinter die geplanten Sozialreformen. Die Bevölkerungsentwicklung mit mehr alten und weniger jungen Bürgern setze die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme unter Druck, sagte Bätzing. Er warnte vor nicht-einlösbaren politischen Versprechungen: “Das ist nur Wasser auf die Mühlen derjenigen, die unser Land schlechtreden und spalten wollen.”

Die Kirche könne ihre christliche Botschaft der Hoffnung der aktuell bei vielen Menschen vorherrschenden Zukunftsangst entgegensetzen. “Wir wollen unseren Beitrag leisten, die Gesellschaft zusammenzuhalten und einen demokratischen Dialog zu fördern. Wir wollen auch die erreichen, die nicht diskurswillig sind”, sagte Bätzing. “Was mir große Sorge macht: dass die massive Spaltung, wie wir sie in der US-amerikanischen Gesellschaft und Kirche erleben, zu uns herüberschwappt.”

Eine Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht sehen die Bischöfe zum jetzigen Zeitpunkt skeptisch, ebenso wie die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht. Sie plädieren stattdessen für freiwillige Modelle. “Denn eine Wehrpflicht stellt ganz erhebliche Eingriffe in die Freiheitsrechte der Betroffenen dar und sollte deshalb nur eingeführt werden, wenn die Bemühungen um die freiwillige Rekrutierung keinen hinlänglichen Erfolg zeigen.”

Der Limburger Bischof forderte ein “systematisches und vertieftes Gespräch mit der jungen Generation. Es sind die jungen Leute, die in besonderem Maße Lasten tragen müssen. Deshalb muss man um ihre Zustimmung ringen.”

Die Bundesrepublik sei zunehmenden Bedrohungen von außen und wachsenden Spannungen im Inneren ausgesetzt. “Wir halten deshalb die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit sowie der gesellschaftlichen Resilienz für notwendig.” Im Falle einer Wehrpflicht müsse das Recht auf Kriegsdienstverweigerung ungeschmälert erhalten bleiben.

In der Debatte um eine Liberalisierung der gesetzlichen Regeln zum Schwangerschaftsabbruch erneuerten die Bischöfe ihre Forderung nach einem umfassenden Schutz menschlichen Lebens “von seinem Beginn bis zu seinem natürlichen Tod”. Die Würde des Menschen sei unteilbar und unverletzlich, in jeder Lebenssituation und in jeder Lebensphase. Gleichzeitig gelte es, die Würde, das Wohlergehen und die Verletzlichkeit der Schwangeren im Blick zu behalten.

Die Kirche verstehe sich hier als doppelte Anwältin für beide Perspektiven, sagte Bätzing. “Aus dieser grundlegenden Verpflichtung sowohl der schwangeren Frau als auch dem ungeborenen Kind gegenüber ergibt sich, dass ein Abbruch der Schwangerschaft kein geeignetes Handeln darstellt, um mit diesen Konfliktsituationen umzugehen.”

Mit Blick auf den Gaza-Krieg fordern die Bischöfe die israelische Regierung zu einem Ende der Gewalt und der Blockade humanitärer Hilfe für Millionen Hungernde auf. Die Terrororganisation Hamas müsse alle Geiseln freilassen.

Die Bischöfe verweisen auf die besondere Verantwortung Deutschlands, “der Solidarität mit dem jüdischen Volk, auch mit dem Staat Israel, eine herausgehobene Bedeutung beizumessen”. Dass die Bundesregierung im Unterschied zu anderen Ländern einen unabhängigen Staat Palästina derzeit nicht anerkennen will, hält Bätzing für richtig.

Nach dem Terror der Hamas, der den Krieg ausgelöst habe, stehe das Recht Israels auf Selbstverteidigung außer Frage: “Aber es ist nicht schrankenlos, sondern unterliegt den limitierenden Vorgaben des Völkerrechts.” Das unermessliche Leid der Zivilbevölkerung müsse ein Ende haben. Israels Krieg gegen die Hamas habe “zu einer nicht hinnehmbaren humanitären Katastrophe geführt, die erhebliche Fragen zur Beachtung wesentlicher Normen des humanitären Völkerrechts aufwirft”, fügte Bätzing hinzu.