Hamburg / Hildesheim. "Viele haben uns abgeraten", sagt Kirstin Faupel-Drevs. Als sie ihren Fall spaßeshalber in der Vorlesung für Kirchenrecht vorgetragen haben, hat die Professorin nur gelacht und gesagt, so etwas sei unmöglich: Eine evangelische Pastorin und ein katholischer Religionslehrer würden niemals heiraten. Sie haben es aber doch getan. Mittlerweile führen Kirstin Faupel-Drevs und ihr Mann Franz-Josef Faupel seit 23 Jahren eine ökumenische Ehe, und sie sagt: "Wir haben das immer als Bereicherung empfunden."
500 Jahre nach der Reformation will die evangelische Kirche die Reformation nicht nur allein feiern, sondern unter dem Titel ?Christusfest? auch mit den Katholiken. Eine zentrale Veranstaltung ist der Ökumenische Buß- und Versöhnungsgottesdienst am Sonnabend, 11. März, in Hildesheim. Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland, und Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, leiten ihn gemeinsam.
Ehe – ein "weltlich Ding"
Wie das ganze Leben ökumenisch wird, davon können Kirstin Faupel-Drevs und ihr Mann berichten. Kennengelernt haben sie sich in ihrem Studienort, der Universität Mainz. Die evangelische und die katholische Fakultät lagen dicht beieinander, und für ihre Doktorarbeit zu einem mittelalterlichen Thema musste Kirstin Faupel-Drevs häufig in die katholische Bibliothek. Als sie ihrer Landeskirche mitteilte, sie wolle einen Katholiken heiraten, "war da ein großes Fragezeichen in der Telefonleitung", sagt sie. Beide mussten zu einem Gespräch, in dem Kirstin Faupel-Drevs sehr eindringlich auf ihre Rechte und Pflichten als Pastorin hingewiesen wurde.
Geheiratet haben sie nach katholischem Ritus im evangelischen Dom in Lübeck. Ihr Mann hätte sonst nicht an einer katholischen Schule unterrichten dürfen. Die evangelische Kirche war da nachgiebiger: Kirstin Faupel-Drevs konnte mit Luther argumentieren, dass die Ehe ein "weltlich Ding" sei. Ihre drei Kinder aber mussten evangelisch werden. "Katholische Kinder im evangelischen Pfarrhaus, das wäre nicht vermittelbar gewesen", sagt sie. Sie seien aber in beiden Kirchen zu Hause. Die jüngste Tochter besucht die katholische St.-Ansgar-Schule, an der ihr Vater unterrichtet.
Sie selbst haben nie daran gezweifelt, dass der Schritt richtig war. ?Wir sind von Anfang an in ein sehr intensives Gespräch eingetreten?, sagt Kirstin Faupel-Drevs. Sie haben einen Weg gefunden, ihren Glauben gemeinsam zu leben, Gottesdienstbesuche in der evangelischen wie in der katholischen Kirche gehören dazu.
Was die Kirchen voneinander lernen können
"Die Liebe zum anderen und die Neugier sind größer als das, was uns trennt", sagt Faupel-Drevs. "Ich habe selten so interessante theologische Gespräche geführt wie mit meiner katholischen Schwiegermutter." Nur wenn es um Kritik an der Kirche gehe, merke man Unterschiede: Die Kirche ihres Mannes würde sie etwa im Blick auf Amtsverständnis und Frauenordination kritischer sehen als die eigene, von der Selbstverständlichkeit geistlicher Praxis in der katholischen Kirche jedoch könne die evangelische nur lernen.
Franz-Josef Faupel sagt: "Die Ökumene ist wie eine Ehe." Zwei unterschiedliche Traditionen, zwei unterschiedliche Geschichten treffen aufeinander und müssen einen gemeinsamen Weg finden. "Wenn wir das schaffen, können die Kirchen das auch schaffen", sagt er und lacht. "Wir können das nur empfehlen."