„Da Jesus geboren war zu Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen: Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern aufgehen sehen und sind gekommen, ihn anzubeten … Und siehe, der Stern, den sie hatten aufgehen sehen, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war. Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut und gingen in das Haus und sahen das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an.“
So steht es im Matthäusevangelium. Ein Stern kündete demnach von der Geburt eines neuen Königs in Judäa – und zeigte den Weisen aus dem Morgenland den Weg zur Krippe Jesu Christi. Aber hat es diesen Stern wirklich gegeben? War es ein Komet? Oder vielleicht eine Supernova, also ein explodierender Stern? „Die reine Faktenlage ist dünn und lässt noch sehr viel Raum für willkürliche Annahmen und Deutungen“, sagt Uwe Lemmer, promovierter Astronom und Physiker, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Lemmer ist Leiter des Carl-Zeiss-Planetariums Stuttgart.
Und doch spielten historische Wissenschaften und kulturelle Traditionen des Altertums vielgestaltig in die Geschichte des Sterns von Bethlehem hinein, so Lemmer. „Wenn die Weisen aus dem Morgenland tatsächlich babylonische Sternenpriester gewesen sein sollten, dann zeigen sich Zusammenhänge mit den frühen Hochkulturen zwischen Euphrat und Tigris, die ein interessantes Mosaik aus Fakten und Spekulationen ergeben.“
Bereits im frühen Christentum suchte man nach Erklärungen für das in der Bibel beschriebene Himmelsphänomen. Der Theologe Origenes (185-254) etwa vertrat im 3. Jahrhundert die Ansicht, es habe sich um einen Kometen gehandelt. Diese Vorstellung ist bis heute populär geblieben. Andreas Eberle hält sie allerdings für wenig stichhaltig. „Kometen galten zu jener Zeit als Unglücksboten, ja als Zuchtruten der Götter“, sagt der ehrenamtliche Leiter der Schwäbischen Sternwarte in Stuttgart dem epd. Daher hätte zu jener Zeit wohl kaum jemand einen Kometen als etwas Positives dargestellt.
Andere Theorien erklären den biblischen Stern von Bethlehem mit einer sogenannten Supernova, also der grellen Explosion eines Sterns am Ende seiner Lebenszeit, oder mit einer besonders hellen Konstellation der Planeten Jupiter und Saturn; Astronomen sprechen dann von einer „Großen Konjunktion“.
Eine Supernova lasse sich etwa aller 100 Jahre beobachten, so Eberle, eine „große Konjunktion“ aller 20 Jahre. Auch mit dem mechanischen, aber voll funktionstüchtigen Zeiss-Teleskop der Sternwarte in Stuttgart kann sie beobachtet werden. Eine Milliarde Lichtjahre weit könne man damit schauen, sagt der studierte Mathematiker und Hobby-Astronom nicht ohne Stolz. Immerhin stamme das Teleskop aus dem Jahr 1911 – und sei damit noch elf Jahre älter als die Sternwarte selbst, die ohnehin schon zu den ältesten Deutschlands zählt.
4.000 Besucher strömen jedes Jahr hierher, um in die Sterne zu schauen. Zu mehr als 200 Veranstaltungen lädt der Verein jährlich ein. „Aber beweisen ließe sich der biblische Stern auch mit dem stärksten Teleskop nicht“, sagt Eberle. Seinen Glauben schmälere das nicht, so der Protestant. „Viele Wissenschaftler sind gläubig. Für sie sind Forschung und der Glaube an einen Schöpfer kein Widerspruch.“
Dem stimmt Uwe Lemmer vom Planetarium Stuttgart zu. „Unabhängig davon, ob es den Weihnachtsstern wirklich gab und was er genau war, sollte die eigentliche Bedeutung der Weihnachtsgeschichte nicht vergessen werden“, sagt er. „Mit der Geburt von Jesus Christus betrat ein Mensch die Bühne der Geschichte, der den frühen Christen neue Hoffnung gab.“
Sein relativ kurzes Leben auf Erden habe er genutzt, um seinen Anhängern neue Werte, neue moralische Maßstäbe und konkrete Anleitungen für den friedlichen Umgang miteinander zu lehren, so Lemmer. Diese Botschaft sei zeitlos gültig und könne bis heute als tragfähiger Leitfaden für das menschliche Miteinander genutzt werden. (2836/18.12.2024)