Deutschland unterstützt die Ukraine, um sich besser gegen den russischen Angriffskrieg wehren zu können. Wie passt das zusammen mit Sozialleistungen für Ukrainer, die hier leben, statt in der Heimat zu kämpfen?
Immer lauter werden die Rufe, das Bürgergeld für Geflüchtete aus der Ukraine zu streichen – insbesondere für Menschen, die eigentlich in der Armee ihres Heimatlandes kämpfen könnten.
Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Brandenburgs Innenminister Michael Stübgen (CDU), sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND): “Es passt nicht zusammen, davon zu reden, die Ukraine bestmöglich zu unterstützen und im gleichen Atemzug fahnenflüchtige Ukrainer zu alimentieren.”
Unabhängig davon habe sich die Entscheidung, Geflüchteten aus der Ukraine sofort Bürgergeld zu zahlen, “als grundsätzlicher Fehler erwiesen”, fügte er hinzu. Die Beschäftigungsquote von Ukrainern sei “verschwindend gering, weil das Bürgergeld zum Bremsschuh für die Arbeitsaufnahme geworden ist”.
Stübgen schloss sich damit Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) an, der auf der nächsten Innenministerkonferenz von Mittwoch bis Freitag in Potsdam über das Thema sprechen will. “Mehrere zehntausend Männer, die der Wehrpflicht in der Ukraine unterliegen, bekommen hier in Deutschland Bürgergeld”, hatte er dem RND gesagt: “Das ist auch der deutschen Bevölkerung nicht mehr lange vermittelbar.”
Es könne jedenfalls nicht sein, so Herrmann weiter, “dass wir weitere Anstrengungen unternehmen, um die Ukraine in ihrer Verteidigung gegen Russland zu unterstützen, was ich für richtig halte, und gleichzeitig prämieren, wenn jemand sich der Wehrpflicht entzieht”.
Nach RND-Informationen haben sich zwischenzeitlich rund 256.000 männliche Ukrainer zwischen 18 und 60 Jahren in Deutschland aufgehalten. Zuletzt seien es noch knapp 210.000 gewesen. Die ukrainische Regierung hatte im April entschieden, ihnen im Ausland künftig keine Reisepässe mehr ausstellen zu lassen. So sollen sie zur Registrierung bei der heimischen Armee gezwungen werden.
Auch der parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion im Bundestag, Thorsten Frei (CDU), fordert ein Ende der bisherigen Zahlungen: “Wir sollten uns endlich ehrlich machen. Die Bürgergeld-Zahlungen an die Kriegsflüchtlinge setzen völlig falsche Anreize”, sagte er den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Während es für Kiew angesichts des russischen Angriffs um alles gehe, duckten sich hierzulande viele wehrfähige Ukrainer weg.
Änderungen beim Bürgergeldbezug fordert Frei auch für die Ukrainerinnen: Von diesen suchten sich nur wenige in Deutschland einen Job: “Es ist nicht akzeptabel, dass Ukrainerinnen, die in unseren Nachbarländern Zuflucht finden, mehrheitlich längst in Arbeit sind, nicht aber bei uns.”
Auch FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai sprach sich für Kürzungen aus. Der “Bild”-Zeitung (Montag) sagte er: “Neu ankommende Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollten künftig kein Bürgergeld mehr bekommen, sondern unter das Asylbewerberleistungsgesetz fallen.”
Die Streichung solle Arbeitsanreize schaffen, fügte er hinzu: “Wir haben überall Arbeitskräftemangel – etwa in der Gastronomie, auf dem Bau oder in der Pflege. Wir sollten nicht länger mit dem Geld der Steuerzahler Arbeitslosigkeit finanzieren, sondern müssen dafür sorgen, dass die Menschen in Arbeit kommen.”