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Beten für das täglich Brot

„Unser täglich Brot gib uns heute“ – diese Worte gehen uns hierzulande leicht über die Lippen. Denn wir können uns darauf verlassen, dass wir unser täglich Brot in allen Variationen beim Bäcker an der Ecke bekommen. Am Horn von Afrika wäre das eine Utopie. Pfarrer Reinhard Kees ist Referent im Berliner Missionswerk für den hungergeplagten Erdteil. Im Titelkommentar spricht er über die Folgen der ausgefallenen Regenzeiten und Ernten. Der kommende Sonntag wird zum weltweiten Gebetstag für die Hungernden.

Die weltweite Christenheit ist von der Gesamtkonferenz der Kirchen Afrikas und dem Ökumenischen Weltrat der Kirchen aufgerufen, am 21. Mai für die 20 Millionen Menschen zu beten, die am Horn von Afrika vom Hungertod bedroht sind.

Von Reinhard Kees

Als meine Mutter mit 80 Jahren erblindete, stellte der Augenarzt fest: Da kann man nichts machen. Das ist eine Spätfolge der Mangelernährung in den frühesten Kindheitsjahren. Also, selbst wenn die Kinder am Horn von Afrika die Dürre überleben, werden sie ein Leben lang unter den Spätfolgen leiden. Viele werden es aber nicht schaffen. Dabei war abzusehen, dass spätestens nach zwei ausgefallenen Regenzeiten die Menschen und Tiere hungern werden. Wenn die Tiere verhungern, bricht das gesamte Versorgungssystem zusammen. Die Tiere sind die Kapitalreserve der Menschen – lebendige Geldanlagen. Schon im Herbst 2015 habe ich verhungerte und verdurstete Rinder in Swasiland gesehen. 2016 habe ich zusammen mit Kollegen von Brot für die Welt und Diakonie Katastrophenhilfe die Afar-Region im Osten Äthiopien besucht. Ich habe eine überflutete Dürre gesehen. Der Mais war zwar 50 Zentimeter hoch, aber vollkommen vertrocknet und stand zwei Zentimeter tief im Wasser. Das Wasser war eindeutig zu spät gekommen. Keine Maisernte heißt: kein Maismehl, keine Nahrung. In diesem Jahr, so hörten wir, wurde der Mais nicht einmal mehr 50 Zentimeter groß. „Wir können uns nicht mehr auf unsere Erfahrung verlassen. Wir wissen nicht mehr, wann wir säen sollen und wann nicht. Das Wetter ist durcheinander geraten“, sagten uns die Bauern. Sie hatten schon im Oktober 2015 die Verantwortlichen auf der höheren Ebene auf die prekäre Situation aufmerksam gemacht. Aber nichts geschah, weil „nicht sein kann, was nicht sein darf“. Das ist im Kleinen wie im Großen so. Es gibt aber auch Lichtblicke: In der Afarwüste wurden wir Zeugen, wie die Halbnomaden mit frischem, sauberem Trinkwasser beliefert werden. Die Frauen schleppen die 35 Kilogramm schweren Wasserkanister oft viele Kilometer bis in ihre Hütten. Eine ausländische Nichtregierungsorganisation bezahlt dafür, dass die Afar wenigstens einmal in der Woche versorgt werden. Doch das reicht nicht aus. Inzwischen verdursten nicht nur die Rinder. Menschen kämpfen ums Überleben, während die US-Regierung dazu aufruft, mehr in die Rüstung zu investieren. Menschen verhungern, während die weltweiten Rüstungskonzerne, auch die deutschen, immer mehr Kleinwaffen in die Bürgerkriegsregionen am Horn von Afrika liefern. Wir sollten im Wahljahr 2017 die Parteien auch daran messen, was sie zu all diesen Katastrophen der Welt zu sagen haben, auch wenn uns diese nicht unmittelbar betreffen. Bis zu uns schaffen es die Verhungernden nicht.Das alles können und müssen wir vor Gott ausbreiten. Gott weiß das alles, aber wir dürfen ihm Vorschläge machen. Wir machen gleichzeitig uns selbst und unsere Gesellschaft aufmerksam auf die „größte humanitäre Krise seit 1945“, wie es im Aufruf des Ökumenischen Rates heißt. Wir werden im Gebet selber sensibel für das Leiden der anderen, in denen wir auch „das Göttliche zu erkennen“ haben. Vier Milliarden Dollar werden gebraucht. Das ist viel zu viel, als dass wir als Gemeinden der EKBO das schaffen könnten. Aber: Ich erlebe es im Berliner Missionswerk immer wieder, wie viele kleine Summen eine große ergeben. Diakonie Katastrophenhilfe braucht jeden Euro, das Berliner Missionswerk braucht jeden Euro, unsere äthiopische Partnerkirche braucht jeden Euro, um im Unteren Omo-Gebiet, im Südwesten Äthiopiens, Menschenleben zu retten. Ora et labora – Bete und arbeite – das gilt immer noch!

Spendenkonto: Berliner Missionswerk:Evangelische BankIBAN: DE86 5206 0410 0003 9000 88BIC: GENODEF1EK1Projekt Nummer 2101 EKBO hilft Ostafrika

Aufruf, Material und Gottesdienstentwurf für den Weltgebetstag:unter www.oikoumene.org/de/press-centre/events/global-day-of-prayer-to-end-famine