Sind die fetten Jahre vorbei? Der Berliner Erzbischof sieht vor dem Hintergrund der Rentendebatte große Schwierigkeiten auf Jung und Alt in Deutschland zukommen.
In der Debatte um die Rente sieht der Berliner Erzbischof Heiner Koch große Herausforderungen auf die deutsche Gesellschaft zukommen. “Die Jungen werden wieder mehr arbeiten müssen, und die Renten werden nicht mehr so stark steigen können wie bisher”, sagte Koch in einem am Freitag veröffentlichten Interview dem “Handelsblatt”. “Die Zeiten, in denen es immer nur besser – friedlicher, wohlhabender, sicherer – wurde, sind definitiv vorbei.” Über Vorschläge, etwa dass Akademiker künftig bis 70 arbeiteten, müsse man “mehr als nur nachdenken, wenn man die Rente sichern will”.
Die veränderte Situation erfordere, dass alle bereit seien, Opfer zu bringen, so der Erzbischof. Von der älteren Generation erwarte er mehr Verständnis für die Situation der jungen Menschen. “Neben der Rente nenne ich nur die Diskussion um die Wehrpflicht, die Klimapolitik und eine zunehmend drückende Schuldenlast. Wir Älteren stehen in der Verantwortung für eine gute Zukunft für die Jüngeren.”
Gleichzeitig müssten besonders die unterstützt werden, die ihr Leben lang gearbeitet hätten und nun dennoch nur eine Rente unterhalb der Grundsicherung bezögen. “Das ist eine Ungerechtigkeit, die die Rentenkommission angehen muss. Die Diskussion darf nicht nur Jung und Alt berücksichtigen, sondern auch Arm und Reich.” Gerade in seinem Erzbistum, das neben Berlin Teile Brandenburgs, Mecklenburg-Vorpommerns und Sachsen-Anhalts umfasst, sei das ein verbreitetes Problem. “In den ostdeutschen Bundesländern ist die gesetzliche Rente oft die einzige Alterssicherung, betriebliche und private Altersvorsorge oder Erbschaften spielen da kaum eine Rolle.”
Nicht nur bei der Rente, auch im Arbeitsleben sieht Koch darüber hinaus Nachholbedarf bei der Generationengerechtigkeit. So verteidigt er die sogenannte Generation Z (Gen Z), also die zwischen 1995 und 2010 Geborenen, gegen den Vorwurf, nicht mehr arbeiten zu wollen. “Ich kenne viele junge Menschen, die viel arbeiten und sich zusätzlich noch freiwillig engagieren. Auf diese Generation sollten wir stolz sein”, betonte Koch. “Wenn sie aber nicht wie ihre Eltern arbeiten wollen, müssen wir überlegen, wie wir Arbeit attraktiver machen.” Dazu gehörte neben der Bezahlung auch eine angemessene Wertschätzung.
Gleichzeitig warnte er davor, ältere Menschen verfrüht in den Ruhestand zu schicken und aus dem Arbeitsleben auszuschließen. “Ein riesiger Erfahrungsschatz wird einfach entsorgt”, klagte der Erzbischof. Die Menschen erhielten zwar oft hohe Abfindungen, hätten aber auch das Gefühl, aufs Abstellgleis geschoben zu werden. “Das sorgt trotz Geld für viel Frust.” Koch plädierte deshalb dafür, junge Menschen zwar in Führungspositionen zu holen, die älteren Mitarbeiter allerdings weiter in untergeordneten Positionen zu beschäftigen: “das motiviert die Jungen und bewahrt die Erfahrungen und das Wissen der Älteren im Unternehmen”.