Hermannsburg/Kr. Celle. Auf dem Rasen vor dem Volleyballfeld hebt Osama Seno sein Töchterchen Jumana hoch in die Luft. Die Dreijährige lässt ihren Vater während der Pause zwischen zwei Deutschstunden nicht aus den Augen. Ihre älteren beiden Geschwister sind ins Spielen vertieft. Mutter Reem kümmert sich um den zehn Monate alten Bruder Ali. Flüchtlinge aus Syrien und Afghanistan wollen bei einer Ferienfreizeit in Hermannsburg in der Lüneburger Heide eine Woche lang die deutsche Sprache und Kultur besser kennenlernen.
Wie Senos Familie, die vor drei Monaten aus Syrien nach Hermannsburg kam, leben fast alle Teilnehmer noch nicht lange in Deutschland. "Für sie gibt es noch keine offiziellen Sprachkurse", sagt der Leiter des Evangelischen Bildungszentrums Hermannsburg, Pastor Henning Uzar. Gefördert von der hannoverschen Landeskirche, setzt das Bildungszentrum mit seiner Freizeit darum auf intensives Lernen und gemeinsame Vergnügungen für die ganze Familie. Noch bis zum Freitag sind dazu sechs Ehepaare mit insgesamt 25 Kindern aus Flüchtlingsunterkünften der Region in die Gästezimmer des Hauses umgezogen.
Einige Flüchtlinge haben keine Schule besucht
Unter anderem stehen Radfahren, Maskenbasteln für die Kinder, ein Nähkurs und ein Fest auf ihrem Programm. Junge Frauen aus dem Ort wollen bei einem Gesprächsabend erzählen, wie sie Familie und Beruf unter einen Hut kriegen – deutsche Lebensweise. Und immer wieder wird die Sprache geübt. Nicht nur die lateinische Schrift sei manchen fremd, erläutert der Pastor. "Wir haben gemerkt, einige können gar nicht lesen und schreiben und haben keine Schule besucht."
Osama Seno gehört zu denen, die sich jetzt erste Buchstaben einprägen. In seinem Arbeitsbuch zeichnet er die vorgedruckten Lettern nach. Er übt deren Aussprache "Llll" und "Mmm" versucht, erste Wörter zu entziffern. Vor seiner Flucht hat Seno als Tischler gearbeitet. "Seine Familie war arm, er musste früh mit anpacken", übersetzt der ebenfalls aus Syrien stammende Apotheker Basel Samman, der als Dolmetscher die Freizeit begleitet. Seno ist Kurde. "Viele Kurden in Syrien haben keinen Ausweis und dürfen nicht zur Schule gehen", sagt er.
Als Willkür und Gewalt in seiner Heimat immer bedrohlicher wurden, machte sich der 28-Jährige mit seiner Familie auf den Weg. "Es war gefährlich", erzählt er nur kurz. Obwohl er in Deutschland bei Null anfangen muss, ist er zuversichtlich: "Ich habe gedacht, es ist sehr schwer in Deutschland. Aber es gibt viel Unterstützung." Die älteren Kinder haben die ersten Schulwochen hinter sich. Jumana soll nach den Ferien in den Kindergarten kommen.