Monatelang wurde unter der neuen Bundesregierung gerungen, welche Aufnahmezusagen an gefährdete Afghaninnen und Afghanen Deutschland noch erfüllt. Entschieden haben das in vielen Fällen Gerichte. Der Evangelische Pressedienst (epd) gibt einen Überblick, warum die Aufnahmeprogramme aufgelegt wurden, wer kommen konnte, wer bis Jahresende wahrscheinlich noch kommen wird – und wer nicht.
Als im Sommer 2021 die internationalen Streitkräfte Afghanistan nach 20-jährigem Militäreinsatz verließen, eroberten die radikal-islamischen Taliban das Land zurück. Zehntausende Menschen, die für die Bundeswehr oder deutsche Organisationen gearbeitet oder sich für Demokratie, Rechtsstaat und Freiheit eingesetzt hatten, verloren ihre Perspektive und mussten Verfolgung fürchten. Besonders galt das für Frauen. Aus Verantwortung für diese Menschen versprach bereits die damalige Bundesregierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU), gefährdete Personen aufzunehmen. Aufgelegt wurden ein Verfahren für Ortskräfte sowie eine Menschenrechtsliste und ein Überbrückungsprogramm für andere gefährdete Gruppen. Die nachfolgende Ampel-Regierung richtete 2022 das sogenannte Bundesaufnahmeprogramm ein, um damals bereits bekannte, aber auch neue Visa-Begehren zu prüfen.
Bis zum Frühjahr kamen nach Angaben des Auswärtigen Amts mehr als 36.000 Afghaninnen und Afghanen, die allermeisten davon direkt nach der Rückeroberung des Landes durch die Islamisten im Sommer 2021. Über das Bundesaufnahmeprogramm durften 1.000 Menschen pro Monat kommen, es startete aber schleppend. Die seit Mai amtierende Bundesregierung legte die Aufnahmeprogramme komplett auf Eis. Rund 2.300 Menschen mit einer Aufnahmezusage aus Deutschland warteten damals noch auf ihr Visum. Rund 600 von ihnen sind inzwischen in Deutschland, viele davon nur, weil sie erfolgreich die Einhaltung des Aufnahmeversprechens eingeklagt hatten.
Nach Angaben des Bundesinnenministeriums waren mit Stand Mittwoch noch rund 540 Menschen in Pakistan, zu deren Aufnahme das Bundesinnenministerium sich verpflichtet sieht. Der größte Teil davon – rund 460 Menschen – hat eine Aufnahmezusage über das Bundesaufnahmeprogramm. Bei den anderen Menschen handelt es sich um ehemalige Ortskräfte.
Für Personen, die über die älteren Programme wie die Menschenrechtsliste Zusagen hatten, soll es keine Einreiseerlaubnisse mehr geben. Gerichtsentscheidungen hatten in diesen Fällen ergeben, dass die Zusage nicht zwingend rechtsverbindlich ist und die Aufnahme im politischen Ermessen der Verantwortlichen liegt. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) hatte nach einer auch ähnlich lautenden Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts entschieden, dass ein politisches Interesse an der Aufnahme nicht mehr bestehe.
Für rund 650 Menschen wird ein vor Jahren abgegebenes Aufnahmeversprechen damit nicht mehr erfüllt. Die Bundesregierung hat den Menschen nach eigenen Angaben finanzielle Unterstützung versprochen. Ihnen droht jedoch die Abschiebung von Pakistan nach Afghanistan.