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Asyl-Bündnis: Sozialkürzungen widersprechen Grundrechten

Mehr als 150 Organisationen haben die Debatte über eine Kürzung der Sozialleistungen für Asylbewerber kritisiert. Sie werde „zunehmend von menschenfeindlichen und sachfremden Forderungen dominiert“, kritisierte das Bündnis in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung. Zu den 154 Unterzeichner-Organisationen zählen Amnesty International, kirchliche, soziale und politische Flüchtlingsorganisationen, die Bundesverbände von Diakonie, Caritas, AWO und dem Paritätischen, Anwaltsverbände sowie Hilfs-Vereine und Anlaufstellen auf Landes- und kommunaler Ebene – darunter der Flüchtlingsrat NRW, die Flüchtlingshilfe Hamm oder der Saarländische Flüchtlingsrat.

Am Wochenende hatten Bundesfinanzminister Christian Lindner und Justizminister Marco Buschmann (beide FDP) in einem Beitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ verlangt, die Asylbewerberleistungen zu kürzen und selbst Vorschläge gemacht. Ziel müsse sein, die Anreize für eine Flucht nach Deutschland zu verringern, hatten Lindner und Buschmann erklärt. Dafür gebe es Spielraum, den die Politik nutzen müsse.

Die Organisationen halten den FDP-Politikern vor, ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu missachten, wonach Sozialleistungen nicht gekürzt werden dürfen, um Menschen von der Flucht nach Deutschland abzuhalten. „Wer das durch das Bundesverfassungsgericht bestätigte Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum missachtet, unterminiert den Rechtsstaat“, erklären die unterzeichnenden Organisationen. Zudem gebe kein Mensch die Flucht vor einem Krieg oder politischer Verfolgung auf, „weil er oder sie in Deutschland demnächst mit noch mehr Sachleistungen leben muss“.

Die zurzeit laufende Debatte wecke den Anschein, dass Geflüchtete für vorhandenen gesellschaftlichen Missstände wie fehlendem Wohnraum oder fehlenden Schul- und Kitaplätzen zentral verantwortlich seien. „Diese haben jedoch andere Ursachen und würden auch bestehen, wenn Deutschland keine Asylsuchenden aufnehmen würde“, heißt es in der Erklärung. „Geflüchtete werden so zu Sündenböcken für die verfehlte Sozialpolitik der letzten Jahre, ohne dass dadurch die tatsächlich bestehenden Probleme gelöst werden.“

Die Organisationen erneuerten ihre Forderung nach einer Abschaffung des Asylbewerberleistungsgesetzes, das vor 30 Jahren, am 1. November 1993, in Kraft trat. Es sieht für die Existenzsicherung von Asylsuchenden niedrigere Beträge vor als das Bürgergeld.