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Anrufe bei russischsprachiger Telefonseelsorge verdreifacht

Seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben sich die Anrufe bei der russischsprachigen Telefonseelsorge Doweria in Berlin fast verdreifacht.

Viele Betroffene des Ukraine-Krieges nutzen die russischsprachige Telefonseelsorge Doweria in Berlin (Symbolbild)
Viele Betroffene des Ukraine-Krieges nutzen die russischsprachige Telefonseelsorge Doweria in Berlin (Symbolbild)Imago / Image Source

Die Anrufe bei der russischsprachigen Telefonseelsorge Doweria in Berlin haben sich seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine fast verdreifacht. Demnach stiegen sie von etwa 15 bis 20 auf 30 bis 45 Anrufe pro Tag, sagte Leiterin Tatjana Michalak der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Berlin. Die meisten der jährlich rund 9.000 Anrufe kämen aus Deutschland, viele aber auch aus anderen Ländern. “Eigentlich rufen russischsprachige Menschen aus der ganzen Welt an”, sagte Michalak. “Manche melden sich auch aus dem Kriegsgebiet, sogar vom Schlachtfeld.”

Bei dem kostenlosen Angebot der Diakonie Berlin-Brandenburg schlesische Oberlausitz können russischsprachige Menschen an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr anrufen und von ihren Problemen berichten. Die Menschen, die dort arbeiten, stammen ausschließlich aus dem postsowjetischen Raum. Sie gehören unterschiedlichen Religionen an. “Bei uns gibt es Christen, Juden und Muslime. Die russische Sprache verbindet uns alle. Und wir sind alle gegen Krieg, Menschenfolter, gegen Gewalt und Diktatur”, so Michalak.

Die Sorgen der Anrufer sind vielfältig

In den Gesprächen geht es demnach meist um psychische Erkrankungen, Depressionen, posttraumatische Belastungsstörungen, Existenzängste und Einsamkeit. Ein großes Thema sei auch die Sorge um die Familie in der Ukraine sowie nach dem Angriff der Hamas auch in Israel: “Es gibt ja in Deutschland einige jüdische Flüchtlinge aus der Ukraine, die Verwandte in Israel haben”, sagte Beraterin Michalak.

Alle Anrufe der Telefonseelsorge sind anonym: Die Mitarbeiter können nicht zurückrufen, sehen die Nummer nicht. Manchmal meldeten sich auch Menschen, die sagten, dass sie sich das Leben nehmen wollten – und legten dann auf. “Wir wissen nicht, wie die Geschichten von den Menschen ausgehen, die uns kontaktieren. Es ist etwas, was wir aushalten müssen”, so die Psychologin.

Ohnehin könnten die Seelsorge-Mitarbeiter die Situationen nicht ändern, in denen sich die Anrufer befänden. “Wir können nur versuchen, mit den Gefühlen zu arbeiten, die sie haben. Dann helfen wir ihnen, auf dieser Grundlage Entscheidungen zu treffen”.