Die Taufe als Konfliktstoff? Heute ist das – zumindest zwischen Protestanten und Katholiken und vielen anderen christlichen Konfessionen – kein Thema mehr. Ganz anders sah das allerdings vor 500 Jahren aus, als die „Wiedertäufer“ in Münster, überzeugte Vertreter der Erwachsenentaufe, heftig mit der katholischen Kirche und Martin Luther, den Befürwortern der Kindertaufe, stritten. Erstmals konzentriert sich jetzt mit der Ausstellung „Die Macht des Wassers – Taufen in der Reformation“ eine umfangreiche Präsentation auf diesen damals besonders wichtigen Teil des christlichen Lebens.
Das Stadtmuseum Münster, wo die Schau bis zum 14. Januar zu sehen ist, hat in Zusammenarbeit mit dem Kirchenkreis Münster zahlreiche Leihgaben aus Museen, Bibliotheken, Archiven und Kirchengemeinden in ganz Deutschland zusammengetragen, darunter Taufbecken, liturgische Objekte und Handschriften, Flugschriften Martin Luthers und seiner Gegner, historische Graphiken und Gemälde sowie Propagandamünzen der Täufer und Patengeschenke. Für den Anspruch des Stadtmuseums, schwierige Zusammenhänge eingängig zu erläutern, stehen die digitalen Animationen des Autors und Cartoonisten Matthias Kringe, die die unterschiedlichen Ansichten über die Taufe für heutige Zeitgenossen anschaulich machen.
Die Ausstellung setzt ein – kaum überraschend – mit dem Beginn der Geschichte der christlichen Taufe durch die Taufe Jesu im Jordan durch Johannes den Täufer. Taufen war nach christlichem Verständnis mit einer Reinigung, der Abwaschung der Sünden, und einer Abkehr vom bisherigen Leben verbunden. Für die zunächst bei Erwachsenen vollzogene Taufe war der christliche Glaube eine Voraussetzung. Die Kindertaufe wurde dagegen erst ab dem dritten Jahrhundert vollzogen und ab dem fünften Jahrhundert allgemein üblich. Wie Bernd Thier vom Stadtmuseum Münster bei der Vorstellung der Schau verdeutlichte, setzte Karl der Große in seinen Kapitularien (Verordnungen) fest, dass die Kinder während ihres ersten Lebensjahres – meist zu Ostern oder Pfingsten – getauft werden sollten. Erwachsenentaufen fanden so ab dem Frühmittelalter kaum noch statt. Für die große Bedeutung der Taufe als Akt der Aufnahme in die Gesellschaft steht in der Ausstellung symbolhaft das imposante Taufbecken aus der St. Lambertikirche in Coesfeld von 1504. Thier: „Täuflinge wurden im Spätmittelalter dreimal unter Wasser getaucht, und es war üblich, dem Kind direkt nach der Taufliturgie die Erstkommunion zu spenden.“
Doch wie sah Martin Luther die Taufe? Nach seiner Glaubenslehre steht sie als Zeichen des Bundes zwischen Gott und den Menschen und markiert die Aufnahme in die christliche Gemeinde. Durch die Taufe kann der Mensch Erlösung und Gnade erhoffen, denn er wird von der Erbsünde reingewaschen. „Die Kindertaufe bringt die Botschaft der Reformation auf den Punkt“, erläuterte Martin Mustroph, Regionalpfarrer und Scriba des Kirchenkreises Münster, „denn sie stellt das Geschenk der freien Gnade Gottes dar, der den Menschen so annimmt, wie er ist“.
Eindrucksvoll zeigt die Schau, wie es 1525 in Zürich zur ersten Glaubens- oder Erwachsenentaufe kam und diese neue Auffassung der Sakramentenlehre sich rasch in Süddeutschland, Tirol und Mähren ausbreitete. In Münster fanden die Täufer, die aus den Niederlanden kamen, großen Anklang. Als sie die Mehrheit im Stadtrat errangen, machten sie die Erwachsenentaufe zur Pflicht. Kinder wurden nicht mehr getauft. Die Täuferherrschaft und damit die Glaubenstaufe fand 1535 ein jähes Ende, doch die Bekenntnis- oder Erwachsenentaufe lebt bis heute in evangelischen Freikirchen fort.
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Anfangs alles im Fluss
Die Ausstellung „Die Macht des Wassers – Taufen in der Reformation“ im Stadtmuseum Münster zeichnet ein eindrucksvolles Bild der Geschichte der christlichen Taufe und ihrer Bedeutung in den verschiedenen christlichen Konfessionen
