Ein Muslim, der Mett liebt: Ein afghanischer Comedian feiert im rheinischen Karneval umjubelte Auftritte – mit Witzen über Migration und deutsche Bürokratie. Auch nachdenkliche Töne schlägt er an.
Sonntagnachmittag in Hennef bei Bonn. Herrensitzung der Karnevalsgesellschaft “Grosse Geistinger”. Wie das Bier läuft der Redner-Frühschoppen schon seit ein paar Stunden. Und der Sitzungspräsident bittet mit Nachdruck um Aufmerksamkeit für den nächsten Auftritt – für einen “Künstler, der noch nicht oft im Karneval unterwegs war”. Doch kaum hat Djavid Sediqi die Bühne betreten, hat er sein Publikum für sich gewonnen.
Djavid erscheint im hellgrünen Anzug mit schwarzer Fliege. Gleich zu Beginn spielt er mit seiner Migrationsgeschichte. “Ich bin nicht von hier”, stellt sich der Redner vor. Er komme nämlich – aus Köln. Um dann nachzuschieben, dass er aus einem Land stamme, in dem seit Jahrzehnten Krieg herrscht: Afghanistan. Seit rund 30 Jahren lebe er hier im Rheinland, in Sicherheit – “und ich arbeite sogar bei einer Behörde”. Und das heißt: pünktlich sein. Als er einmal Freitagmittag um zwei nach zwölf immer noch im Büro saß, habe ihn sein Kollege gleich schief angeguckt: “Hast Du kein Zuhause?”
Mit Humor spießt Djavid die Klischees auf, die sich um seine neue Heimat ranken. Und spart auch das Thema (Nicht-)Integration nicht aus. So habe eine Freundin ihn mal ihrem Opa vorstellen wollen. Und kurz vor der Wohnungstür ihn plötzlich gebeten: “Kannst du sagen, dass du Halbschwede bist?” Ganz überrascht habe er da reagiert: “Ist das nicht das Land mit der Hauptstadt Ikea?”
Solche Spitzen kommen in der Herrensitzung an. Und die Lacher hat Djavid auf seiner Seite, wenn er sich selbst auf die Schippe nimmt, sich als nicht strenggläubiger “Muslim light” outet. Denn: “Ich esse gerne Mett.” Und nun habe er “Beef mit Allah”.
Djavid floh im Alter von zehn Jahren mit seinen Eltern und sechs Geschwistern nach Deutschland, nachdem vor dem Haus der Familie in Kabul eine Bombe radikaler Islamisten explodiert war. In Sankt Augustin wuchs er auf, heute lebt er in Köln. Die Karnevalsbühne entdeckte er in der laufenden Session für sich. Freunde hätten ihn aber schon vor fünf Jahren auf sein Talent für Comedy aufmerksam gemacht und ihn ermutigt, daraus mehr zu machen.
“Ich bringe gerne Menschen zum Lachen”, betont Djavid im Gespräch mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) nach seinem Auftritt. Und so habe er sich erstmal in die Comedy-Szene gewagt und einige Wettbewerbe bestritten. Im vergangenen Jahr gewann er den Trierer Constantin-Comedy-Preis. “Mit seiner perfekten Beobachtungsgabe analysiert der zweifache Daddy alltägliche Situationen, verpackt sie mit viel Witz und Humor in seinen unverwechselbaren Sets und bringt damit das Publikum zur endgültigen Ekstase”, heißt es zur Begründung.
Bei aller Leichtigkeit, die Djavid an den Tag legt, bedrücken ihn Angriffe wie die Messerattacke von Aschaffenburg durch einen psychisch kranken Landsmann. “Das ist megaschlimm.” Aber es wäre auch ungerecht, ein solches Gewaltpotenzial nun allen Afghanen zu unterstellen. “Was haben die anderen damit zu tun?”, fragt Djavid. Die Afghanen seien doch mal ein Vorbild für Integration gewesen. “Weil sie arbeiten, weil sie studieren.”
“Afghanistan war einmal so schön”, erinnert sich Djavid an seine Kindertage. “Freizügig und offen. Meine Mutter trug kein Kopftuch.” Dass unter den Taliban Frauen dort heute gar nichts mehr dürfen, schmerze ihn.