Rund 35.000 Menschen haben am Sonnabend nach Polizeiangaben in Hannover gegen Rechtsextremismus und für die Demokratie demonstriert. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) rief den Demonstrierenden auf dem zentralen Opernplatz zu: „Das, was ihr hier zeigt, ist gelebter Verfassungsschutz.“ Die AfD und die Rechtsextremen verschöben die Grenzen des Sag- und Denkbaren nach rechts, wenn sie etwa von „Remigration“ sprächen. Umso wichtiger seien deutliche Zeichen. „Migrantinnen und Migranten, seien sie kurz hier oder auch in der vierten Generation, sie alle sind Teil unserer Gemeinschaft.“
Der Protest, der zeitgleich an vielen Orten in Deutschland stattfand, ist eine Reaktion auf Berichte über ein Treffen hochrangiger AfD-Politiker mit Rechtsextremen. Bei dem Treffen im November in Potsdam war laut dem Recherchenetzwerk „Correctiv“ über die Vertreibung von Millionen Menschen aus Deutschland diskutiert worden.
Yasmin Fahimi, Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), sagte, „Neufaschisten und ihre Helfer“ hätten Menschen in ethnische Gruppen aufgeteilt und überlegt, wie sie diese deportieren könnten. „Jetzt ist offensichtlich: auch heute ist niemand vor ihnen sicher.“ Umso mehr sei sie stolz auf den zahlreichen Protest. Die Hannoveranerin sagte, sie sei stolz auf ihre Heimat. „Stolz auf Menschen wie Euch.“ Auch Hannovers Oberbürgermeister Belit Onay (Grüne) lobte, dass sich im Protest die Vielfalt der Stadt zeige.
Unter dem Motto „Hannover zeigt Haltung gegen Rechts und für die Demokratie“ hatte ein breites Bündnis aus Gewerkschaften, Kirchen, Wohlfahrtsverbänden und Parteien zu der Kundgebung auf dem Opernplatz aufgerufen. Menschen drängten sich mit Schildern wie „Nie wieder ist jetzt“ oder „AfD wählen ist so 1933“ in den Straßen rund um den Platz. Dort erinnert ein Mahnmal an die jüdischen Bürger der Stadt, die in der NS-Zeit deportiert und ermordet wurden.
Der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff (CDU) erinnerte an die Wannseekonferenz am 20. Januar 1942. Sie sei ein Symbol für die geplante und systematisierte Tötung der Juden Europas. „Die Wannsee-Villa wurde zum Ort deutscher Schande“, sagte er. „Wir dürfen nie wieder zulassen, dass in Deutschland über die Selektion von Menschen nach Herkunft, Aussehen, Religion, Handicap oder irgendeines anderen Kriteriums beraten wird.“
Der hannoversche evangelische Landesbischof Ralf Meister sagte, „Demokratie verlangt viel. Weil es Menschen gibt, die diese beste Staatsform der Welt nutzen, um sie zu missbrauchen.“ Es sei wichtig, die Demokratie zu verteidigen und sich für sie einzusetzen. „Das zeigen wir! Tausende, zigtausende, hunderttausende Menschen in Deutschland!“ Wer dagegen anderen Menschen Rechte abspreche, von völkischem Mythos fasele und das Parlament zur „Pöbelstube“ mache, sei ein „demokratischer Verräter!“
Die Regionalbischöfin für den Sprengel Hannover, Petra Bahr, sprach mit Blick auf den bundesweiten Protest von einer „Brandmauer aus vielen Hunderttausenden Demokratinnen und Demokraten“. Sie rief dazu auf, Hass und Hetze nicht nur auf den Kundgebungen, sondern auch im persönlichen Umfeld entgegenzutreten.