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Zweiter Jahrestag des Ukrainekriegs – Warnung vor “Ermüdung”

Seit zwei Jahren tobt nun der Krieg in der Ukraine, und nicht zum ersten Mal zeigen sich in Deutschland Ermüdungserscheinungen. Vor Ort sei die Lage weiterhin verheerend, mahnen Helfer.

Zum zweiten Jahrestag des Beginns des Ukrainekrieges mahnen Hilfsorganisationen, die Unterstützung für das Land weiterhin sicherzustellen. Obwohl täglich Zivilisten getötet würden, sei die Spendenbereitschaft zuletzt deutlich zurückgegangen, erklärte die Diakonie Katastrophenhilfe am Mittwoch. Kinderhilfswerke machten besonders auf das Leid junger Ukrainerinnen und Ukrainer aufmerksam. In Berlin wurde in einem Gebet der Kriegsopfer gedacht.

Rund 17 Millionen Menschen in der Ukraine sind nach Angaben der Diakonie Katastrophenhilfe derzeit auf Hilfe angewiesen, mehr als drei Millionen Menschen wurden aus ihrer Heimat vertrieben. Gerade für Menschen aus der Ostukraine sei eine Rückkehr sehr riskant, da die Region stark vermint sei, betonte der Leiter der Katastrophenhilfe, Martin Keßler.

Gleichzeitig berichtet die Organisation von einem deutlichen Spendenrückgang im vergangenen Jahr. Seien nach Ausbruch des Krieges in Deutschland 2022 noch 68 Millionen Euro an Spenden für die Ukraine bei der Diakonie eingegangen, beliefen sich diese 2023 nur noch auf rund 4,6 Millionen Euro. “Die Menschen verstehen die Tragweite dieses Krieges, geraten aber durch viele andere Krisenherde weltweit und die angespannte wirtschaftliche Lage in Deutschland an Grenzen”, erklärte Keßler.

Aus Sicht von Experten verstärkt der Ukrainekrieg sogar die Konflikte in anderen Weltregionen. Viele Länder im Mittleren Osten und in Afrika litten etwa unter dem großen Anstieg der Lebensmittel-, Öl- und Gaspreise, heißt es in einem Bericht, der Bundeskanzler-Helmut-Schmidt-Stiftung und der Friedrich-Ebert-Stiftung. Auch lasse der Krieg andere Konflikte wie in Afghanistan und Syrien noch stärker aus dem Blick geraten als zuvor. “Dadurch haben sich die bereits bestehende Gebermüdigkeit sowie Finanzierungslücken in vielen Regionen weiter verschärft”, heißt es. In vielen Konfliktländern sei der Eindruck entstanden, sie hätten den Preis für Europas Unterstützung der Ukraine zu zahlen. “Das ist ein Brandbeschleuniger für Debatten über die mangelnde Verlässlichkeit Europas.”

Das Hilfswerk Save the Children und die Kindernothilfe weisen auf die Folgen der Krieges für Kinder hin. Laut Save the Children leben derzeit rund 630.000 Kinder, die nach der Flucht wieder mit ihren Familien in ihre ukrainische Heimat zurückgekehrt sind, in extremer Not. “Die anhaltenden Kämpfe gefährden ihr Leben, ihre Häuser und Schulen sind zerstört, und ihre Eltern können oft kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten.”

Die Kindernothilfe wirft der russischen Armee zudem sexualisierte Gewalt gegen Kinder als Kriegstaktik vor. Insgesamt 13 Fälle hätten seit Februar 2022 dokumentiert werden können. Da allerdings Daten aus den ukrainischen Provinzen nahe der Front und den russisch besetzten Gebieten fehlten, sei von einer höheren Dunkelziffer auszugehen. Für diese Kinder brauche es geschultes Personal, das auf die Behandlung von Kriegstraumata spezialisiert ist, forderte das Hilfswerk.

In Berlin haben derweil am Mittwoch bei einem ökumenischen Friedensgebet Vertreter aus Parlament und Regierung der Kriegsopfer gedacht. Der Leiters des Kommissariats der deutschen Bischöfe, Karl Jüsten, ermutigte dazu, die Ukraine in ihrem Kampf um Freiheit und Demokratie weiter zu unterstützen. “Wir dürfen die Menschen in diesem Land nicht vergessen und müssen uns einer zunehmende Ermüdung in unserem Land entgegenstellen.”