Überraschende Aussage von Jens Spahn. Er bezeichnet die Vermögensverteilung in Deutschland als ungerecht. SPD und VdK stimmten zu und fordern konkrete Schritte.
Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) hat mit seiner Kritik an einer ungerechten Vermögensverteilung in Deutschland Zustimmung von SPD und Sozialverbänden erhalten. Spahn hatte am Donnerstagabend in der ZDF-Talkshow “maybrit illner” erklärt, die Vermögensverteilung sei ein Problem.
“Wer schon hatte, hat immer mehr”, sagte der CDU-Politiker. “Wir hatten in den letzten Jahren, gerade in der Niedrigzinsphase, die Situation, dass Vermögen eigentlich ohne größeres eigenes Zutun fast von alleine gewachsen ist. Immobilienwerte, Aktienwerte und anderes mehr.” Menschen mit vergleichsweise niedrigen Einkommen müssten ebenfalls an der Vermögensbildung beteiligt werden, sagte Spahn. Er forderte zudem, die sozialen Sicherungssysteme an den demografischen Wandel, also die alternde Gesellschaft anzupassen. “Wachstum ist die Voraussetzung auch für funktionierende Sozialsysteme.”
Die Vizechefin der SPD-Bundestagsfraktion, Wiebke Esdar, begrüßte die Äußerungen des Fraktionschefs. “Wir freuen uns, dass auch Jens Spahn die ungleiche und massiv ungerechte Vermögensverteilung in unserem Land als Problem ansieht”, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe. “Wir werden uns nun gemeinsam auf den Weg machen und Maßnahmen umsetzen, die dafür sorgen, dass die Reichen in diesem Land nicht immer reicher und die Armen nicht immer ärmer werden.”
Spahn hatte auch auf ein erwartetes Urteil des Bundesverfassungsgerichts verwiesen, das eine Reform der Erbschaftssteuer erforderlich machen könnte. Das Urteil könne “ein guter Startpunkt” sein, um die Vermögensverteilung in Deutschland gerechter zu machen, sagte Esdar. Die Reform der Erbschaftssteuer sei dabei eine von mehreren Säulen.
“Es geht uns nicht um das vererbte Haus von Oma und auch nicht um den kleinen Handwerksbetrieb im Nachbarort”, hob die für Haushalts- und Finanzpolitik zuständige Vizechefin der SPD-Bundestagsfraktion hervor. “Uns geht es darum, dass die Reichsten der Reichen einen gerechteren Beitrag für das Gemeinwesen in diesem Land leisten.” Die SPD fordert höhere Steuern für Vermögende, die Union lehnt dies bisher ab.
Auch die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, begrüßte am Freitag die Äußerungen Spahns als einen “erfreulichen Wandel”. “Menschen mit niedrigem Einkommen müssen endlich die Möglichkeit erhalten, Vermögen aufzubauen. Das ist mehr als überfällig”, sagte sie. In der Realität würden Menschen mit geringem Einkommen und Vermögen heute abgehängt. Vermögende müssten sich deshalb mehr an den gesellschaftlichen Aufgaben beteiligen, damit die breite Mehrheit profitiere. “Denn nur dann haben Normal- und Geringverdiener die Möglichkeit, selbst Vermögen aufzubauen.” Konkret forderte Bentele höhere und gerechte Erbschaftssteuern, faire Abgaben auf große Vermögen und eine konsequente Bekämpfung von Steuervermeidung.