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Zum 90. Todestag: Badische Landesbühne inszeniert Ludwig Marum

„Ein Mann des Rechts“ heißt das neue Stück an der Badischen Landesbühne in Bruchsal. Es erinnert an den SPD-Politiker und Rechtsanwalt Ludwig Marum (1882-1934), der vor 90 Jahren im damaligen KZ Kislau (Bad Schönborn) von Nationalsozialisten ermordet wurde.

Das Dokumentarstück ist historisch und aktuell zugleich. „Marum habe ich stets für eine exemplarische Figur gehalten. An ihm kann man viel über Faschismus erzählen“, sagte Autor Hajo Kurzenberger dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Stück stehe in der Tradition der Badischen Landesbühne, „sich mit der Geschichte der Region zu befassen“, betonte der Theaterwissenschaftler. Für das Stück habe er viele Gespräche mit der Enkelin Ludwig Marums, Andrée Fischer-Marum (1941- 2023), geführt. Sie hatte die Briefe gesammelt, die sich Ludwig und seine Frau, Johanna Marum, während der Haft schrieben.

Die Handlung von „Ein Mann des Rechts“ liest sich schlicht: Vier junge Menschen, zwei Frauen und zwei Männer, machen sich auf die Suche nach der Person, die Ludwig Marum war. In wechselnden Rollen gehen die Protagonisten der Frage nach: „Warum Marum?“

Anhand von Briefen, Zeitzeugenberichten und Dokumenten nähern sie sich seinem Schicksal. Der Zuschauer wird hineingezogen in das Privatleben von Johanna und Ludwig, er spürt die existenzielle Bedrohung der Familie. Hartes Schreibmaschinengeklapper symbolisiert die Gewaltherrschaft der NSDAP und erzeugt eine beklemmende Atmosphäre.

Fast 25 Jahre war Marum als Rechtsanwalt in Karlsruhe tätig. Er war badischer Justizminister und setzte sich aktiv für Demokratie und den Rechtsstaat ein. Als SPD-Politiker und Jude war er den Nationalsozialisten schon bald ein Feindbild.

Marum zählte zu den frühen politischen Opfern der Nationalsozialisten. Bereits am 10. März 1933 wurde er unter dem Bruch der Immunität als Reichstagsabgeordneter festgenommen und in „NS-Schutzhaft“ ins Bezirksgefängnis nach Karlsruhe verbracht. Die Haltung Marums wird deutlich zu einem Zeitpunkt, als Flucht noch möglich schien.

Er lehnt die Flucht aus „unerschütterlichem Glauben an Recht und Rechtsstaat“ ab. „Meine Freiheit können sie mir nehmen, aber nicht meine Würde und meinen Stolz“, zitieren die Darsteller Marums Worte.

Höhepunkt der Schmähungen ist am 16. Mai die Schaufahrt auf einem offenen Lastkraftwagen durch Karlsruhe. Er wurde zusammen mit anderen führenden badischen Sozialdemokraten – unter ihnen der badische Staatspräsident Adam Remmele – ins KZ Kislau gebracht. Dramatisch dargestellt auf der Bühne ist die Szene vor dem johlenden NS-Pöbel aus Sicht der Tochter, Elisabeth Marum.

Das Konzentrationslager wurde 1933/34 in der ehemaligen Schlossanlage Kislau in Bad Schönborn eingerichtet und später als andere frühe Lager, nämlich erst 1939, aufgelöst. Kislau war das einzige KZ in Baden. Zu den Inhaftierten gehörten wegen regimekritischer Predigten auch Geistliche wie der Plankstadter Priester Franz Sattelmann und der Ettlinger Stadtpfarrer Augustin Kast.

Mundtot gemacht vom NS-Regime kehrten weder Sattelmann noch Kast nach der Entlassung aus dem KZ in ihre Heimatgemeinde zurück. Dem neuen Intendanten der Badische Landesbühne, Wolf E. Rahlfs, sind Erinnerungsarbeit und aktuelle gesellschaftliche Themen ein Anliegen. „Wir haben als Theater auch einen politischen Auftrag, der mehr kann als Schule“, sagte er.

In der Nacht vom 28. auf den 29. März 1934 wurde Marum in seiner Zelle von mehreren SA-Männern erdrosselt und am Fensterkreuz aufgehängt, um einen Selbstmord vorzutäuschen. Zu dem öffentlichen Begräbnis Marums auf dem Karlsruher Hauptfriedhof fanden sich tausende Trauergäste ein. „Ein Mann des Rechts“ legt Parallelen zum heutigen Weltgeschehen nahe. (0569/26.03.2024)