Seit Monaten wird in den USA über die chinesische Kurzvideoplattform TikTok gestritten. Obwohl die Frist für einen Verkauf der App an ein US-Unternehmen am Sonntag ausläuft, ist die Zukunft weiter ungeklärt.
Seit sich das US-Parlament im April für ein Verbot der chinesischen Kurzvideo-Plattform TikTok entschieden hat, ist unklar, wie es mit der beliebten App weitergeht. Am Sonntag endet die Frist, in der sich TikTok einen Käufer in den USA suchen könnte. Auch der Oberste Gerichtshof und die Politik haben noch ein Wörtchen mitzureden. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) beantwortet die wichtigsten Fragen.
TikTok ist eine chinesische Kurzvideo-Plattform. Nutzerinnen und Nutzer können dort kurze Videoclips hochladen und mit anderen teilen. Ursprünglich war die App vor allem für Tanzvideos bekannt; mittlerweile sind die Inhalte aber vielfältiger geworden. Die App ist stark algorithmisch organisiert. Das bedeutet, dass der Computer auswertet, welche Videos ein Nutzer in der Vergangenheit angeschaut hat, und auf dieser Basis neue Videos empfiehlt.
TikTok ist vor allem bei jungen Menschen beliebt. Die Plattform erlaubt die Nutzung ab 13 Jahren. Bei der Anmeldung wird aber nicht kontrolliert, ob jemand tatsächlich das Alter hat. In den USA nutzen etwa 170 Millionen Menschen die App, also mehr als die Hälfte der Bevölkerung. Darunter sind inzwischen auch viele Ältere. In Deutschland lag die Nutzerzahl Ende 2023 bei knapp 21 Millionen.
TikTok stammt ursprünglich aus China. Die Daten und Algorithmen hinter der Anwendung sind nicht öffentlich. In den USA gibt es schon lange den Verdacht, dass Daten von US-Bürgern nach China weitergegeben werden. Außerdem werfen Politiker dem Unternehmen vor, mithilfe der Empfehlungs-Algorithmen politisch Einfluss auf die junge Zielgruppe zu nehmen.
Öffentliche Beweise gibt es für diese Vorwürfe nicht. China hat aber die technischen Daten vor einigen Jahren auf eine Exportkontrollliste gesetzt. Sie dürfen also ohne Genehmigung Pekings nicht ins Ausland verkauft werden. Das Unternehmen verspricht, dass US-Daten ausschließlich in den USA gespeichert werden und nicht nach China gelangen. Ob es sich daran hält, lässt sich nicht zweifelsfrei kontrollieren.
Donald Trump hat schon in seiner ersten Präsidentschaft ein TikTok-Verbot ins Spiel gebracht. 2020 scheiterte er mit seiner Initiative. In der Zwischenzeit hat er seine Meinung aber geändert und im Wahlkampf versprochen, die App zu retten. Er ist dort selbst aktiv und hat fast 15 Millionen Follower. Das Verbot tritt einen Tag vor Trumps Vereidigung in Kraft, falls TikTok bis dahin nicht an ein US-Unternehmen verkauft worden sein sollte.
Gegen das Verbot beziehungsweise den Zwangsverkauf hat TikTok vor dem Obersten US-Gerichtshof geklagt, weil die Redefreiheit der US-Bürger eingeschränkt werde. Im Normalfall dauern solche Verfahren Monate. Weil die Frist am Sonntag endet, rechnen Beobachter aber mit einer zeitnahen Entscheidung. Bei der Anhörung in der vergangenen Woche zeigten sich die Richter den Argumenten des Unternehmens gegenüber skeptisch. Dass sie das Verbot kippen, gilt als unwahrscheinlich.
Das ist noch unklar. Medienberichten zufolge hatte Chinas Regierung mit dem Gedanken gespielt, das US-Geschäft an Elon Musk zu verkaufen. Tiktok hat diese Vermutungen aber zurückgewiesen. Findet sich bis Sonntag kein Käufer, wären die Betreiber von App-Stores in den USA verpflichtet, die App aus dem Angebot zu nehmen. Sie könnte vorerst weiter genutzt, aber nicht mehr neu installiert werden. Auch Updates wären nicht mehr möglich.
Der Mutterkonzern Bytedance könnte sich auch entscheiden, die App in den USA ganz zu sperren. US-Medien berichten, Trump wolle der App per Dekret einen mehrmonatigen Aufschub gewähren. Diese Variante wäre aber juristisch fragwürdig. Für App Stores wäre es ein Risiko, die App weiter anzubieten. Ganz zurücknehmen kann Trump das Gesetz ohne Zustimmung des Kongresses nicht. Der TV-Sender NBC berichtet, dass auch die Biden-Regierung das Gesetz nicht mehr durchsetzen wolle und Optionen für eine Verlängerung der Frist prüfe.
In Deutschland kann TikTok weiter verwendet werden. Für Nutzer ändert sich zunächst nichts. Mit der Zeit könnten aber Inhalte aus den USA weniger werden. Viele Trends, die sich auf der Plattform verbreiten, kommen ursprünglich von dort. Das Angebot könnte also schrumpfen und weniger vielfältig werden.
In Deutschland ist kein Verbot geplant. Auf EU-Ebene gibt es seit einigen Jahren Gesetze, die Online-Plattformen wie TikTok strenger regulieren und Vorgaben für Moderation, Faktencheck und Transparenz machen. Seit Anfang 2024 ermittelt die EU-Kommission gegen TikTok, unter anderem wegen einer möglichen Suchtgefahr, fehlenden Jugend- und Datenschutzes und mögliche Verstöße gegen Transparenzpflichten. Sollten die Vorwürfe zutreffen, ist aber nicht mit einem Verbot zu rechnen. Stattdessen würden zunächst Bußgelder gegen das Unternehmen verhängt. Diskussionen gibt es aber um strengere Altersgrenzen und um die Entwicklung technischer Systeme, um diese zuverlässig durchzusetzen.