Demokratischer Einsatz junger Erwachsener reicht von Gesangswettbewerben über Social-Media-Workshops bis hin zum Journalismus. Alle eint: Wenn sie heutige Privilegien behalten wollen, führt kein Weg am Engagement vorbei.
“Gebt euch die Hand”, singt Philipp Weitz, der Sieger der Finalshow des Wettbewerbs “Democracy Ambassadors” der Europa Union in Frankfurt. Er sagt: “Ein Handschlag in der Politik kann Millionen das Leben retten.” Der 24-Jährige hat das Gefühl, die Gesellschaft spalte sich immer mehr. Weitz wünscht sich, dass Menschen wieder aus ihren Echokammern auftauchen – nicht nur online, sondern auch im realen Leben. In seinem Lied besingt er, wie sich Menschen jeglicher Herkunft und sexueller Orientierung besser miteinander vertragen könnten.
Neben der Musik studiert er auf Lehramt. Später möchte er seine Stimme als Lehrkraft nutzen, um Jugendliche für Herausforderungen in Demokratien zu sensibilisieren. Denn Bildung über Demokratie fange in den Klassenräumen an.
Vor dem Wettbewerb spürte Weitz nach eigenen Worten noch keinen Drang, sich in Projekten politisch einzusetzen. Er war fasziniert, mit welcher Begeisterung das Team der Europa Union aktiv ist. Von ihnen habe er gelernt: “Es gibt noch so viel mehr zu lernen, so viel mehr zu machen”. Und schließlich müsse er seinen Sieger-Titel als “Democracy Ambassador”, also Demokratie-Botschafter, auch in Ehren tragen. Für die Europa Union gab er kürzlich einen Rapkurs, damit auch andere Jugendliche ihre politische Haltung durch die Musik ausdrücken können.
Larisa Nicolae gehört zum Team der Europa Union. Sie ist 19 Jahre alt, steht kurz vor dem Abitur und ist seit einem Schülerpraktikum dabei. Sie wollte nicht nur Teilnehmerin sein. Zugleich sah sie Poetry Slam, Rap, Gesang und Tanz vor Politikerinnen und Politikern, ebenso wie Social-Media-Workshops und Diskussionen über Europas Wettbewerbsfähigkeit. Nicolae merkte: “Das will ich auch organisieren.”
Für sie ist klar: “Die Demokratie gerät ins Wanken, weil ihre Gegner in den Sozialen Medien extrem aktiv sind.” Sie beobachtet mit Sorge, wie geschickt antidemokratische Akteure derzeit Inhalte verbreiten, die Nutzende beeinflussen. “Deshalb müssen wir dafür kämpfen, diese Medien auch zu nutzen und die Sprache zu lernen, sodass wir dagegen kämpfen können.”
Nicolae möchte die Werte der Demokratie in die digitale Welt tragen. “Ich will das für immer weitermachen”, sagt sie. “Weil es mir so viel Spaß macht. Und ich könnte mir nicht vorstellen, dass es mir keinen Spaß mehr macht.” Für sie sind Politikerinnen und Politiker wie Angestellte – die Chefs seien dagegen die Menschen in der Bevölkerung. Ihr Engagement hilft ihr, fügt sie hinzu, politische Ängste zu bewältigen: “Es gibt mir das Gefühl, nicht machtlos zu sein.”
Auch Ronja Engels, 22 Jahre, sucht nach Wegen, Ohnmachtserfahrungen in Handlung zu verwandeln. Sie hat bereits ein Volontariat bei einer Tageszeitung absolviert und sieht im Journalismus eine Möglichkeit, bislang Unsichtbares sichtbar zu machen. Ihre Arbeit gebe Themen eine Bühne, die sonst untergehen würden – und schaffe damit Zusammenhalt. “Und wenn man Missstände aufzeigt, stärkt man den Grundpfeiler der Demokratie”, sagt Engels. Sie mache das, weil sie neugierig sei: “Und weil es nicht anders geht”. Für sie ist es selbstverständlich, sich zu engagieren, um die Vorzüge der Demokratie zu erhalten.
In ihrem Umfeld beobachtet Engels jedoch viel politische Verdrossenheit, wie sie sagt: Viele ihrer nicht-journalistischen Freundinnen meiden Nachrichten, engagieren sich aber in Ehrenämtern. Sie wünscht sich deshalb nicht nur mehr gute Nachrichten und konstruktive Lösungen, sondern auch mehr Zusammenhalt innerhalb der Branche.
Auf einem Ideathon der Initiative für Nachrichtenkompetenz “UseTheNews” lernte sie kürzlich: “Journalismus ist entgegen meiner bisherigen Meinung nicht so verfahren”, berichtet Engels. Mit ihrem Team machte sie beim Ideen-Wettbewerb den ersten Platz. Ihr Gedanke: ein Austausch zwischen Journalisten und Bürgern, um den Menschen das Handwerk dieses Berufs näher zu bringen.
Lena Haring ist Projektmanagerin von “UseTheNews”. Ihr Team analysiert, wie junge Menschen Medien nutzen, und schult Lehrkräfte darin, Medienkompetenz im Unterricht zu vermitteln. Wer junge Menschen erreichen möchte, muss auf Augenhöhe mit ihnen sprechen, sagt sie. In Newscamps für Jugendliche oder Ideathons über Journalismus, Politik und Unternehmen hört sie Stimmen vieler Jugendlicher und junger Erwachsener. Im Kern geht es darum, gemeinsam Ideen zu sammeln: “Ideen, wie wir wieder positiv in die Zukunft blicken können”.