Zoff um den Weltgebetstag der Frauen (WGT) gab es schon öfter. “Aber dass es so eskaliert, habe ich noch nie erlebt”, sagt die Vorstandsvorsitzende des deutschen WGT-Komitees, Ulrike Göken-Huismann. Manche E-Mails, auch aus der eigenen Bewegung, hätten sie fassungslos gemacht. Die Debatte sei “total polarisiert”. Der Vorstand stehe nun vor der Aufgabe, das “Schiff durch schwere See” zu steuern, sagt die katholische Theologin.
Der Weltgebetstag der Frauen ist eine globale christliche Basisbewegung. Und das seit fast 100 Jahren. In 150 Ländern findet an jedem ersten Freitag im März ein ökumenischer Gottesdienst statt. Die Vorlagen und weiteres Vorbereitungsmaterial werden immer von einem anderen nationalen Komitee erarbeitet. Wer an die Reihe kommt, wird schon Jahre im Voraus festgelegt. Diesmal waren die Palästinenserinnen dran.
Weltgebetstag befindet sich im Feuer
“Informiert beten und betend handeln”, lautet der Anspruch. So hat es Göken-Huismann im September in Berlin erklärt bei der Vorstellung des Programms für 2024. Zum Pressetermin waren Gäste von weither angereist, zum Beispiel Sally Azar. Die erste ordinierte lutherische Pastorin im Nahen Osten warnte ausdrücklich davor, Antisemitismus mit der Lage in Palästina zu verbinden. “Wir beten für die Menschenrechte”, sagte sie. Aber das war 16 Tage vor der Terror-Attacke der Hamas auf Israel. Seither befindet sich auch der Weltgebetstag gleichsam im Feuer.
Die bisher schärfste Kritik von außen kommt aus den Gesellschaften für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Deren Zentrale, der Deutsche Koordinierungsrat (DKR), veröffentlichte Ende Oktober eine Stellungnahme mit schwerwiegenden Bedenken. In Teilen des aktuellen WGT-Materials stecke “christlicher Antisemitismus schlimmster Art”. Das beginne damit, dass Palästina als “Wiege des Christentums” beschrieben werde, ohne zu erwähnen, dass Jesus Jude gewesen sei. “Das finde ich schon ziemlich harten Tobak”, sagte DKR-Vorstandsmitglied Pfarrer Peter Noss in Frankfurt.
Am Weltgebetstag der Frauen sind Fenster gestaltet *** NUR FUeR REDAKTIONELLE ZWECKE *** EDITORIAL USE ONLY ***Ein Fenster ist am Freitag, den 5. Maerz 2021 zum Weltgebetstag der Frauen gestaltet in Velbert. Hier bei der evangelischen Gemeinde Langenberg. Foto Alexandra Roth / Funke Foto Services
Buntes Deutschland NRW Velbert Copyright: AlexandraxRoth *** on World Day of Prayer the Women are Window designed *** ONLY FOR EDITORIAL PURPOSE *** EDITORIAL USE ONLY *** P a Window is on Friday, the 5 March 2021 to World Day of Prayer the Women designed in Velbert here at the Protestant Community Langenberg Photo Alexandra Roth Funke Photo Services P colourful Germany NRW Velbert Copyright Alexandrax Roth Copyright: AlexandraxRoth doc7es8t1bnsnn1awpppta9 EDITORIAL USE ONLYGöken-Huismann, im Hauptberuf Geistliche Leiterin der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd), lässt keinen Zweifel daran, dass sie die Vorwürfe sehr ernst nimmt. Der Plakatverkauf wurde bereits gestoppt, auch ein kritisiertes Ausmalbild für Kinder aus dem Verkehr gezogen. “Das Existenzrecht Israels ist völlig unbestritten, deshalb sind Vorwürfe gegenüber dem Weltgebetstag, antisemitisch oder antiisraelisch zu sein, ebenso unberechtigt wie unhaltbar”, betont Göken-Huismann auf der Internetseite der deutschen Weltgebetstagsfrauen.
Überarbeitete Gottesdienstordnung bis zur Jahreswende
Nach einer langen Komitee-Sitzung fiel am Abend des 9. November der Beschluss: Die in Palästina vorbereitete Gottesdienst-Ordnung wird in Deutschland nicht mehr weiter an die Gemeinden verbreitet. Göken-Huismann spricht von “einer der schwersten Entscheidungen ihres Lebens”.
Zu den WGT-Markenzeichen gehört, dass der einmal geplante Gottesdienst überall auf der Welt in derselben Form gefeiert wird. “Treue zur Ordnung” nennen sie das. Ziel müsse nun sein, so viel wie möglich davon zu retten, sagt die Theologin. Allerdings müssten Lieder und auch Fürbitten überprüft werden, auch die Erfahrungsberichte von drei Palästinenserinnen bräuchten eine aktuelle Einbettung. Bis zur Jahreswende soll eine überarbeitete Gottesdienstordnung vorliegen.
Vorschlag: Stilles Gebet mit wenig Gesang
Stilles Gebet, wenig Gesang und keine kulinarischen Köstlichkeiten danach wie sonst – solche Vorschläge kommen aus den Reihen der beteiligten Frauen. Und das sind nicht wenige. Etwa 800.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer zählt der Weltgebetstag alleine in Deutschland jedes Jahr.
Was laut Vorstand nicht infrage steht: dass sich Frauen verschiedener christlicher Konfessionen am 1. März 2024 zu Gebet, Trauer und Klage versammeln. Und dass sie dabei den Glaubensschwestern aus Palästina Gehör verschaffen wollen.
Christen sind eine kleine Minderheit in Israel
Christinnen und Christen sind im Heiligen Land zu einer kleinen Minderheit geworden, die von allen Seiten unter Druck steht. In den Palästinensergebieten und in Israel sind es vielleicht noch 50.000, nicht mehr als ein Prozent der Bevölkerung.