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Wenn Kinder Ja zum Glauben sagen

Zu Luthers Zeiten war es selbstverständlich, dass Kinder kurz nach der Geburt getauft wurden. Bis heute hat die Säuglingstaufe Tradition – doch es gibt Ausnahmen.

Mattis Brandt wird von Pastor Torsten Kiefer getauft, Kinder füllen das Taufbecken mit Wasser
Mattis Brandt wird von Pastor Torsten Kiefer getauft, Kinder füllen das Taufbecken mit WasserSybille Marx

Greifswald. Ein einfaches kleines Wort muss er sagen: „Ja“. Kurz darauf hat Mattis Brandt die Hand von Pfarrer Torsten Kiefer auf seinem Kopf ruhen, wird er mit Wasser aus dem Taufbecken benetzt und bekommt ein unsichtbares Kreuz auf die Stirn gezeichnet. „Du gehörst Jesus Christus“, sagt Kiefer in der Greifswalder Johanneskirche. Mattis ist evangelisch getauft – als Neunjähriger, nach eigener Entscheidung.  
Kindern das Ja zur Taufe selbst zu überlassen – im mecklenburgischen und pommerschen Kirchenkreis ist das noch die Ausnahme, sagt Christian Meyer, Sprecher des Mecklenburgischen Kirchenkreises.  „Grundsätzlich spricht sich die Evangelische Kirche für die Säuglingstaufe aus, vor allem, weil die am deutlichsten ausdrückt, welch ein Geschenk die Taufe ist: Gott liebt uns, unabhängig davon, ob wir das verstehen oder erwidern können.“ Eltern wünschten heute aber öfter, dass ihre Kinder sich bewusst zur Taufe entscheiden könnten. „Grob geschätzt haben wir in Mecklenburg jährlich rund 450 Taufen von Menschen zwischen dem 2. und 14. Lebensjahr.“ Dazu etwa 300 Erwachsenentaufen und 600 Säuglingstaufen. 

Ein großes Glück

Im Pommerschen Kirchenkreis werden pro Jahr rund 550 Menschen getauft, „die größte Altersgruppe ist mit Abstand die von 0 bis 3“, sagt Sprecher Sebastian Kühl. Erwachsenentaufen machten etwa ein Viertel aus, Taufen von Acht- oder Neunjährigen gebe es zehn bis 15, schätzt er. Aktuelle Zahlen liegen nicht vor.  Das Alter ist aus Sicht der Kirche aber auch nicht entscheidend: „Die Taufe ist immer ein Geschenk, egal, in welchem Alter sie empfangen wird.“  Dass Mattis Brandt als Baby nicht getauft wurde, hat private Gründe, erzählt seine Mutter, die namentlich nicht genannt werden möchte. Aber es liege auch an ihrer religiösen Überzeugung: „Ich kann die Frage, ob er Gottes Ja zu sich annehmen will, nicht für ihn entscheiden.“ Schon früh habe sie Mattis mit kirchlichen Angeboten vertraut gemacht, mit ihm gebetet, und lange damit gerechnet, dass er sich als Jugendlicher entscheiden werde. 
„Aber dann, durch die Christenlehre, ist sein Wunsch, sich taufen zu lassen, immer deutlicher geworden“  – was Katechetin Angela Jagusch besonders freut. „Das ist das größte Glück für mich“, sagt sie. Wer sich taufen lasse, zeige allen, dass er zur großen Familie Gottes gehören wolle, so habe sie es den Kindern in der Gemeinde erklärt. 

Taufe bewusst erlebt

Auch Mattis‘ Vater Morton Brandt, der von Mutter und Sohn getrennt lebt, stimmte der Taufe zu – obwohl er selbst früher katholisch war, aus der Kirche ausgetreten ist. „Ich finde es wichtig, dass man sich mit Kirche und Glauben auseinandersetzt, und das kann man eigentlich nur, wenn man sich damit identifiziert und die Innensicht hat“, sagt er. Diese Chance habe Mattis jetzt. Schön sei auch, dass er seine Taufe bewusst erleben könne. „Und er wird sich später daran erinnern können“, sagt seine Mutter.  
Der Neunjährige selbst erklärt, er habe zur „großen Familie“ der Christen gehören wollen, darum sein Beschluss. Dass es auch Geschenke geben werde, sei ihm erst nach der Entscheidung klar geworden, erzählt seine Mutter. „Das war natürlich nochmal ein Grund zum Freuen.“ 
Zu Martin Luthers Zeiten war es Usus, Kinder als Säuglinge möglichst früh taufen zu lassen, erinnert Christian Meyer. „Das geschah oft aus der Angst heraus, die Kinder könnten ungetauft und fern von Gott sterben.“ Heute hätten die wenigsten Eltern solche Ängste. „Wenn Kinder heute jung getauft werden, dann aus dem Staunen über das große Wunder der Geburt und aus dem tiefen Wunsch, dieses zerbrechliche und schutzbedürftige Kind möge behütet sein.“