Leitende Geistliche der evangelischen und katholischen Kirchen haben an Weihnachten zu Hoffnung, Frieden und Mitmenschlichkeit aufgerufen. In ihren Predigten nahmen sie auch Bezug auf die Amokfahrt auf dem Magdeburger Weihnachtsmarkt, bei der am vergangenen Freitag fünf Menschen gestorben und mehr als 200 verletzt worden waren.
Der Vorsitzende der in Bonn ansässigen katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Georg Bätzing, sagte am ersten Weihnachtstag im Limburger Dom, nach den Anschlägen von Solingen und Magdeburg mehrten sich die Sorgen, „ob wir im öffentlichen Raum sicher leben können“. Die politischen und wirtschaftlichen Perspektiven seien eingetrübt. Vieles sei „durch den unverhohlenen Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und die kriegerischen Konflikte im Nahen Osten – ausgelöst durch den grausamen Terror der Hamas an unschuldigen Israelis“ aus dem Gleichgewicht geraten. Doch die Botschaft von der Geburt Jesu bringe Menschen zusammen.
Der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz hat angesichts des Leids nach der Amokfahrt in Magdeburg die Bedeutung des Trostes unterstrichen. „Magdeburg macht sprachlos. Das Leid überwältigt“, sagte Bentz laut Redetext am Mittwoch im Paderborner Dom. Nötig seien Worte des Trostes und des Friedens. Kirche habe auch Verantwortung, ob auf das Reden Taten folgten. Nur zu reden, reiche nicht, um etwas positiv zu verstärken. „Wenn unseren Worten keine konkreten Handlungen folgen, dann riskieren wir, nur gute Wünsche zu bringen und sonst nichts“, mahnte der Erzbischof.
Im ARD-Weihnachtsgottesdienst rief die Kölner Pfarrerin Miriam Haseleu zu Zuversicht auf. Es gebe genug Gründe, sich in der Welt zu fürchten, die manchmal aus den Fugen zu geraten scheine, „wie wir es gerade wieder erleben mussten“, sagte die evangelische Theologin in der Lutherkirche Köln-Nippes. In ihrer Fürbitte gedachte sie der Toten des Anschlags von Magdeburg.
Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel rief in seiner Weihnachtspredigt dazu auf, sich nicht von Gewaltnachrichten überwältigen, sondern vom Hoffnungsglauben berühren zu lassen. Angesichts solcher Anschläge wie in Magdeburg wolle er „der Gewalt und dem Terror nicht den Sieg lassen“, sagte Latzel, der in der Justizvollzugsanstalt Remscheid und in der Salvatorkirche in Duisburg predigte.
Die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Kirsten Fehrs, bezeichnete die Weihnachtsgeschichte als „Dennoch der Liebe gegen jeden Hass“. Die Bilder aus Magdeburg gingen zu Herzen. „So viel sinnloser Tod, zerbrochene Lebensentwürfe und verlorene Träume. So viel Leid und Trauer. Und Fassungslosigkeit, wie ein einzelner radikalisierter, völlig wirrer Menschenverächter ein ganzes Land in Angst und Trauer versetzt“, sagte Fehrs laut Redetext.
Am Freitagabend war ein 50-Jähriger, der seit 2006 in Sachsen-Anhalt lebt und aus Saudi-Arabien stammt, mit einem Auto auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg gefahren. Sein Motiv ist bislang unklar.
Der theologische Vizepräsident der westfälischen Kirche, Ulf Schlüter, rief zu gesellschaftlichem Zusammenhalt auf und warnte vor Schuldzuweisungen gegen Fremde. Im Wahlkampf sei zu erleben, wie mit Angst gespielt werde, sagt der kommissarische Leiter der Landeskirche in seiner auf der Internetseite der westfälischen Kirche veröffentlichten Botschaft. Schuldzuweisungen gegen Flüchtlinge, „Faule“ oder eine sogenannte Elite rissen die Gesellschaft in Stücke.
In der Detmolder Erlöserkirche betonte der lippische Landessuperintendent Dietmar Arends die Hoffnung auf Gott in einer krisenhaften Welt. Durch die Ankunft Gottes solle die Welt verwandelt werden, „indem Menschen dem Kind in der Krippe folgen“, sagte der oberste Repräsentant der Lippischen Landeskirche am ersten Weihnachtstag laut Predigttext. Das Singen und Jubeln sei auch ein Protest gegen die Welt, wie sie sei.
Im Kölner Dom mahnte Erzbischof Rainer Maria Woelki Einsatz für die Menschenwürde an. Weihnachten sei „das herausragende Fest der Würde eines jeden Menschen“, sagte Woelki am ersten Weihnachtstag. Gott habe sich „das ganze menschliche Leben von der Empfängnis bis zum Tod zu eigen gemacht“. Woelki wandte sich laut Predigttext auch gegen gesetzliche Regelungen zum Suizid, „die große Freiheit suggerieren, in Wahrheit aber das Leben alter und kranker Menschen gefährden“. Kein Mensch habe das Recht, menschlichem Leben ein Ende zu setzen”, mahnte er.
Nach den Worten des Münsteraner Bischofs Felix Genn setzt sich Gott gegen das Böse ein, in dem er Mensch werde. Gottes Liebe gebe Gläubigen Widerstandskraft. Sie sei die Quelle der Hoffnung, dass die Welt nicht dem Abgrund entgegensteuere. Genn rief am ersten Weihnachtstag im St. Paulus Dom in Münster dazu auf, selbst zu „Freudenboten“ zu werden, die „den Frieden ankündigen und Rettung verheißen“.
Der Aachener Bischof Helmut Dieser stellte am ersten Weihnachtstag die Freude an Gottes Schöpfung in den Mittelpunkt seiner Predigt im Aachener Dom. Die Schöpfung sei nicht unbegreiflicher Zufall, sondern „von Gott gewollt, von Gott für richtig, stimmig und schön befunden, ja noch mehr: von Gott geliebt bis in die letzte Galaxie, bis ins kleinste Atom und Elementarteilchen hinein“. Weihnachten stifte Vertrauen in die Lebensfähigkeit der Schöpfung, sagte Dieser laut Bistumsangaben.