Ein Papst für alle? Die Erwartungen an Leo XIV. reichen von Frieden in Gaza bis zu mehr Mitbestimmung in der Kirche. Warum seine Herkunft und Haltung für viele so bedeutsam sind.
Die deutschen Bischöfe sind sich einig: Reformorientierte wie konservative Oberhirten blicken gleichermaßen optimistisch auf die Wahl von Kardinal Robert Francis Prevost zum neuen Papst. Sie erhoffen sich von Leo XIV., dass er die Kirche mit Mut, Demut und Weisheit leiten möge – “im Vertrauen auf das Evangelium und im Geist der Geschwisterlichkeit, wie ihn auch Papst Franziskus gelebt hat”. Das schrieb die Deutsche Bischofskonferenz (DBK) am Donnerstagabend auf der Plattform X. Der DBK-Vorsitzende, Bischof Georg Bätzing, bezeichnete die Wahl von Robert Prevost als “wunderbare Überraschung”. Er sei ein “freundlicher, zugewandter Papst mit viel Erfahrung”, sagte der Limburger Bischof am Donnerstagabend in der ARD.
In seiner ersten Botschaft habe der Papst wichtige Akzente der Kontinuität zu Papst Franziskus gesetzt, so Bätzing weiter in einer Mitteilung der Bischofskonferenz. “Gerade seine klaren Worte zu einer synodalen Kirche, die voranschreitet und für alle Menschen da sein will, sind eine Aussage, die uns auch als Kirche in Deutschland den Rücken stärkt.” Auch der Erfurter Bischof Ulrich Neymeyr zeigte sich besonders darüber erfreut, dass dem neuen Kirchenoberhaupt Synodalität wichtig sei. Er begrüßte, dass Papst Leo XIV. den Weg seines Vorgängers weiter beschreiten wolle – dass nicht nur die Bischöfe alleine über die Kirche entschieden, sondern Priester und Gläubige beteiligt würden.
Der Aachener Bischof Helmut Dieser bezeichnete es als bestärkend und richtungsweisend, dass Papst Leo sofort das Wort von Papst Franziskus in den Mund genommen und von einer synodalen Kirche gesprochen habe. “Gerne stimme ich mit unserem Bistum Aachen und der ganzen Kirche in Deutschland in diese Vision des Papstes ein und freue mich auf seine nächsten Schritte.”
Der Osnabrücker Bischof Dominicus Meier, der selbst dem Benediktinerorden angehört, sagte: “Ich freue mich, dass mit Leo XIV. erneut ein Ordensmann das Papstamt bekleidet und denke, dass er auch vor diesem Hintergrund den Geist der Synodalität in unserer Kirche wach halten wird, den Papst Franziskus zuletzt neu entfacht hat.” Und der Rottenburger Bischof Klaus Krämer bezeichnete den neuen Papst als “Mann, der ganz auf der Linie von Papst Franziskus liegt, aber sicher auch seine eigenen Akzente setzen wird”.
Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger erklärte, er hoffe, dass der neue Papst innerkirchlich den von Franziskus begonnenen Weg von Dialog und Synodalität weitergehe. “Innerhalb der Kirche wird es darum gehen, unterschiedliche Positionen einzubinden.” Auch der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck begrüßte, dass Leo XIV. bereits in seinen ersten öffentlichen Worten nach seiner Wahl von einer synodalen Kirche gesprochen habe. Hiermit knüpfe der neue Papst an das an, was sein Vorgänger Franziskus angestoßen habe und was auch für die Kirche in Deutschland von großer Bedeutung sei, so Overbeck.
Der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki, der selbst an der Papst-Wahl teilgenommen hatte, sagte in Rom: “Als wir alle gemeinsam eben mit ihm oben auf dem Balkon waren, habe ich die Freude und Dankbarkeit von Tausenden von Menschen gespürt – und auch die Herzlichkeit, mit der sie unseren neuen Papst begrüßt haben.”
Der ebenfalls im Konklave anwesende Münchner Kardinal Reinhard Marx erklärte: “Dies ist kein Mann von schnellen Antworten, sondern ein Mann des Zuhörens, der aufmerksam ist für das, was der andere denkt.” Auf die Frage, ob er Robert Prevost denn auch selbst gewählt habe, antwortete Marx: “Das ist geheim. Aber ich kann sagen, dass ich sehr glücklich bin.” Und der emeritierte Bischof von Münster, Felix Genn, ließ sich ähnlich begeistert zitieren: “Das ist eine weise und sehr gute Entscheidung. Ich bin überzeugt: Da hat der Heilige Geist gewirkt.” Er habe den neuen Papst als “zurückhaltend, weise, die Meinungen sammelnd, immer wieder zusammenführend, aber durchaus auch bestimmt” erlebt.
Der Fuldaer Bischof Michael Gerber sprach nach der Wahl von Papst Leo XIV. von einem Zeichen “insbesondere für die Ärmsten der Armen”. Der Vize-Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz wertete die Wahl von Prevost als Votum der Kardinäle für jemanden, der die globalen Herausforderungen im Blick habe.
Der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann setzt auf den neuen Papst die Hoffnung, er möge Brücken bauen und sich “in Gottes Namen allen Tendenzen zu Abschottung und Spaltung” entgegenstellen. Es brauche eine Stimme, “die uns an die gottgeschenkte Würde jedes Menschen erinnert”, sich “dem vermeintlichen Recht des Stärkeren widersetzt und sich schützend vor Schwache stellt”.
Dem Magdeburger Bischof Gerhard Feige hat nach eigenen Worten der erste Auftritt des neuen Papstes Leo XIV. imponiert. “Einmal sein Gruß ‘Der Friede sei mit euch!’, dann aber auch das Zitat des Gründers seines Ordens, Augustinus: ‘Mit euch bin ich Christ, für euch bin ich Bischof’. Das weist darauf hin, dass er in der Linie von Papst Franziskus weiter wirken wird”, erklärte Feige.
Der Paderborner Erzbischof Udo Markus Bentz hat die Wahl von Robert Prevost zum Papst als “Zeichen der Hoffnung” gewürdigt. Genau am 80. Jahrestag des Kriegsendes in Europa sei er gewählt worden, erklärte der Erzbischof. Papst Leo XIV. baue in einer unfriedlichen Welt auf einen “entwaffnenden Frieden, der von Gott kommt”, wie der neue Papst auf dem Balkon des Petersdomes gesagt habe. Auch der Dresdner Bischof Heinrich Timmerevers bezeichnete den Friedensgruß des neugewählten Papstes “in einer Zeit täglicher Nachrichten von Krieg und Terror” als “zugleich tröstlich und programmatisch”.
Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer zeigte sich beeindruckt von den ersten Sätzen des neuen Papstes, die seiner Meinung nach die Herzen der Menschen und ihre tiefe Sehnsucht nach Frieden treffen. Der Hamburger Erzbischof Stefan Heße sagte, Papst Leo habe mit seinem Friedensgruß einen Akzent in die ganze Welt gesetzt: “Wir alle sehnen uns nach Frieden: in der Ukraine, in Gaza und an vielen weiteren Orten.” Der Berliner Erzbischof Heiner Koch erklärte dazu: “Die Sehnsucht nach Beendigung der Kriege, nach einem echten Frieden, verbindet uns in Berlin in besonderer Weise mit dem neuen Heiligen Vater und der ganzen römisch-katholischen Weltkirche.” Er verstehe den päpstlichen Friedensappell “als einen geistlichen und einen politischen”.
Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf hofft, Leo XIV. könne ein “starker Gegenpol” gegen die aktuelle US-amerikanische Regierungspolitik unter Präsident Donald Trump sein – und so Hoffnungen vieler Menschen in den USA entsprechen. Ähnlich äußerte sich der Regensburger Bischof Rudolf Voderholzer, der die Papstwahl als “Zeichen in Richtung des amerikanischen Kontinents” bezeichnete. Leo XIV. verbinde Nord- und Südamerika, da er als erster gebürtiger Nordamerikaner auf dem Stuhl Petri vor allem in Südamerika gewirkt habe: “Man kann die Weisheit der Kardinäle, geführt vom Heiligen Geist, nur immer wieder neu bewundern für die Überraschungen, die sie uns bietet.”
Der Würzburger Bischof Franz Jung zeigte sich begeistert, über die “vielen guten Voraussetzungen”, die Prevost für das Papstamt mitbringe: “Er ist auf der einen Seite Amerikaner, auf der anderen Seite hat er südamerikanische Erfahrungen mit Peru. Er verbindet zwei Welten, die so konträr sind.” Auch der Bamberger Erzbischof Herwig Gössl erklärte, er hoffe besonders, dass der neue Papst Brücken zwischen den unterschiedlichen Strömungen innerhalb der Kirche baue und dazu beitrage, Spaltungen zu überwinden.
Der Augsburger Bischof Bertram Meier betonte, Prevost könne Brücken bauen und vermitteln: “Er ist ein Mann, der auch in seiner eigenen Lebensgeschichte gelernt hat, mit verschiedenen Kulturen gut umzugehen”, sagte er. Er habe ihn als “sehr bedächtigen Mann” kennengelernt, “einen Mann des Ausgleichs.”
Auch Bischof Stephan Ackermann hat Leo XIV. im persönlichen Gespräch als “unprätentiös und herzlich” erlebt. Der Bischof von Trier erklärte, dass der neue Papst den missionarischen Auftrag der Kirche stark machen werde. Der Görlitzer Bischof Wolfgang Ipolt erhofft sich von Leo XIV. “neue Impulse, wie wir in einer zunehmend säkulareren Welt die Neu-Evangelisierung anpacken können”.
Der Passauer Bischof Stefan Oster sagte, er sei “dem Heiligen Geist und den Kardinälen von Herzen dankbar” für diese Wahl. Er habe Kardinal Robert Prevost bei der jüngsten Bischofssynode “als einen tiefen, klugen, geistlichen und besonnenen Mann kennenlernen” dürfen. Der Eichstätter Bischof Gregor Maria Hanke äußerte sich optimistisch: “Er ist ein sehr ruhiger, zugewandter und sachorientierter Mann, der – so meine Einschätzung – mit ruhiger Hand das Schifflein der Kirche leiten wird und leiten will.”
Die Vertretung der EU-Bischöfe in Brüssel (COMECE) wertete die Wahl von Prevost als “sichtbares Zeichen der Einheit und Universalität der katholischen Kirche”. COMECE-Präsident Mariano Crociata erklärte am Donnerstag: “Wir blicken voller Hoffnung und Zuversicht der Gelegenheit entgegen, den Heiligen Vater zu treffen und von ihm Ermutigung und Führung für unseren Auftrag des Dialogs mit den Institutionen der Europäischen Union zu erhalten.”
Auch im benachbarten Ausland wurde die Nachricht von der Papstwahl mit “großer Freude” aufgenommen. Der selbst zuvor als möglicher Papstkandidat gehandelte Luxemburger Kardinal Jean-Claude Hollerich sagte: “Möge der Heilige Geist unseren neuen Hirten mit dem ganzen Volk Gottes auf seinem Weg leiten und ihm die Kraft geben, auf die Herausforderungen der Welt und der Kirche zu antworten.”