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Warum ein junger Grüner erneut für den Bundestag kandidiert

Viele junge Abgeordnete kandidieren nicht erneut für den Bundestag: Zu viel Hass und Hetze, aufreibender Alltag. Einer, der nicht abgeschreckt ist, ist der 27-jährige Max Lucks. Kraft gibt ihm auch sein Glaube.

Man kann nicht sagen, dass der Grünen-Bundestagsabgeordnete Max Lucks von Hass und Häme verschont geblieben ist: Gleich in seiner ersten Bundestagsrede vor drei Jahren, bei der es um Religionsfreiheit ging und er sich als schwuler Katholik bezeichnete, gingen ihn Abgeordnete der AfD an.

Die Bezeichnung habe er damals ganz spontan gewählt, erzählt der 27-Jährige in einem Gespräch. Er habe sich sehr über den vorangegangenen Redebeitrag eines AfD-Abgeordneten geärgert, der betonte hatte, nur seine Fraktion prangere die Christenverfolgung an. Als schwuler Katholik passe er vielleicht nicht in das Weltbild von einigen hier, so sagte er damals und blickte dabei auf die AfD-Abgeordneten. Und weiter: “Eines habe ich in meiner Religion lernen können, nämlich, dass die Würde jedes einzelnen Menschen unantastbar ist.” Sehr unerschrocken wirkte das und sehr selbstbewusst.

Verbale Attacken rechter Hetzer im Anschluss der Rede seien für ihn recht eindrücklich gewesen, davon beeinflussen lassen habe er sich aber nicht, betont er im Gespräch. Und sie hielten ihn auch nicht davon ab, erneut zu kandidieren.

In der jetzt zu Ende gehenden Legislaturperiode war Lucks’ Schwerpunkt die Menschenrechtspolitik. Er saß im Bundestagsausschuss für Menschenrechte und humanitäre Hilfe und war jüngstes Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags. Als Delegierter im Europarat nahm er zudem an Sitzungen in Straßburg und Paris teil.

Zur Politik kam Lucks schon früh: In Bochum-Wattenscheid, wo er aufwuchs, setzte er sich gegen Neonazis ein. Mit 14 Jahren trat er der Grünen Jugend bei und verhinderte mit der Ortsgruppe die Schließung des Wattenscheider Bahnhofs.

Nach dem Abitur studierte er Sozialwissenschaft in Bochum, parallel dazu wurde er zunächst Sprecher der Grünen Jugend im Landesverband Nordrhein-Westfalen und schließlich – gemeinsam mit der späteren Parteivorsitzenden Ricarda Lang – Bundessprecher der Jugendorganisation.

Zugleich durchlief Lucks aber auch einen “typisch katholischen Lebensweg”, er wurde nach der Erstkommunion Ministrant, fühlte sich wohl in seiner Kirchengemeinde. “Zu so etwas wie einem Bruch” sei es dann gekommen, als er bemerkt habe, dass er schwul sei. In seiner Studienzeit habe er jedoch zurückgefunden zum Glauben und auch zur Kirche.

Lucks geht gerne zu Gottesdiensten, schätzt das Spirituelle und feste Rituale, dafür steht er am Wochenende auch schon mal in aller Frühe auf. Mit seinem Glauben verbindet er Freiheit, sowie Zuversicht und Menschlichkeit, auch wenn er mit solchen Aussagen bisweilen in seiner Partei auf Unverständnis stößt. “Glaube gibt mir Kraft”, so sagt er. Das helfe ihm bei der politischen Arbeit. Gerade beim Thema Menschenrechte.

Ein religiöses Grundverständnis sei für ihn auch bei seinen Besuchen im Ausland wichtig. Lucks war dienstlich viel unterwegs, er reiste in den Irak, nach Peru und Kolumbien sowie nach Israel und mehrfach in die Türkei.

Neuen Auftrieb und Motivation gebe es ihm, wenn er nach viel Einsatz – in einer Sitzungswoche des Bundestags sind das oft 13- bis 14-Stunden-Tage, häufig ohne Pause – kleine Erfolge für sich verbuchen kann. Wie etwa bei einem Abschiebestopp für die religiöse Minderheit der Jesiden. 2023 hatte der Bundestag die Verbrechen des “Islamischen Staats” (IS) an den Jesiden als Völkermord anerkannt. Nur wenige Monate später sollten jesidische Flüchtlinge dann wieder in den Irak abgeschoben werden. Zusammen mit anderen Bundestagsabgeordneten setzte Lucks sich für einen Abschiebestopp ein – und erreichte diesen zumindest in einzelnen Bundesländern.

Lucks steht zu seinen Positionen – auch wenn sie ihm in den eigenen Reihen Kritik einbringen. 2022 etwa stimmte er als einer von sehr wenigen in seiner Fraktion gegen die Einführung eine Corona-Impfpflicht. Vor der Entscheidung für eine erneute Kandidatur als Bundestagsabgeordneter sei er natürlich in sich gegangen, habe sich gefragt, ob er dafür weiter sein Privatleben zurückstellen wolle. Seine Motivation, “an kleinen Stellschrauben zu drehen und damit Dinge zu verändern”, sei aber ungebrochen. Auch viele menschliche Begegnungen in den vergangenen Jahren trügen zu seiner Entscheidung bei.

So sehr ihm sein Glaube bei seiner Arbeit Kraft gibt, so sehr hadert Lucks auch immer wieder mit der Institution Kirche, etwa wenn es um die Anerkennung homosexueller Lebensformen geht. Warum sich die katholische Kirche etwa so schwer damit tue, ihn und seinen Partner zu verheiraten, kann er nicht nachvollziehen. Er meint: “Da muss sich Kirche an vielen Stellen weiterentwickeln.” Aber auch da gibt er die Hoffnung nicht auf.