Der Wahlzettel für die bevorstehende Europawahl ist ein wahres Faltkunstwerk. Kein Wunder, sind darauf doch die Namen von über 30 Parteien verzeichnet. SPD oder CDU sind bekannt. Aber schon mal was von der PdV gehört?
Mit Wahlwerbung und -plakaten ist das so eine Sache. Die Botschaften und Motive sollen möglichst viele Menschen ansprechen und dazu noch einprägsam sein. Manchmal geht der Schuss nach hinten los. So befand die “Frankfurter Allgemeine Zeitung” unlängst, dass die Augenpartie von Marie-Agnes Strack-Zimmermann, mit der die Liberalen auf Stimmenfang gehen, den bewanderten Kinogänger an Bilder aus dem Horrorgenre erinnerten. Titel des Beitrags: “Wenn die FDP wie Dracula dreinblickt.”
Es gibt aber auch Slogans oder Bilder, die aus anderen Gründen haften bleiben. “Wo willst Du in 800 Jahren leben?”, lautet eine Frage, mit der sich die “Partei für schulmedizinische Verjüngungsforschung” an das Publikum wendet. Wohl eine neue Satirepartei, lautet das Ergebnis einer Spontanumfrage im Bekanntenkreis. Mitnichten. Die Mitstreiter um den Bundesvorsitzenden Felix Werth meinen es ernst.
Als “Ein-Themen-Partei” wollen sie die Entwicklung der Medizin “stark beschleunigen und damit vielen Millionen Menschen das Leben retten”. Doch damit nicht genug: “Mit zukünftiger Medizin werden Menschen durch Verjüngung wahrscheinlich nicht mehr an Alterskrankheiten oder hohem Alter sterben und tausende Jahre gesund leben können”, zeigen sich Werth und Co überzeugt.
Zu Risiken und Nebenwirkungen lese man das Parteiprogramm oder befrage einen Arzt oder Apotheker. Wer sich nach Bodenständigerem sehnt, landet möglicherweise bei der Partei der Vernunft. Doch obacht: Laut Angaben der Bundeszentrale für politische Bildung setzt sich die PdV, die zum ersten Mal bei einer Europawahl antritt, für einen Austritt Deutschlands aus der EU ein. Dass sie zudem den vom Menschen verursachten Klimawandel leugnet, dürften viele Wählerinnen und Wähler wohl eher als “unvernünftig” verbuchen.
Klima und Umwelt sind große Themen gleich bei mehreren kleinen Parteien. Erklärtermaßen das Parlament aufmischen will die Stimme der Letzten Generation, bisher auch als Klimakleber auf den Straßen der Republik bekannt. Die “Klimaliste Deutschland” möchte vor allem den Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur auf maximal 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Niveau begrenzen. Eine bio-vegane Landwirtschaft ist dagegen ein zentrales Anliegen der V-Partei hoch drei.
Dem Tierschutz haben sich gleich zwei Parteien verschrieben: “Tierschutz hier!” sowie die Tierschutzpartei. Letztere hat offenbar eher scheue Vertreter in ihren Reihen. In das Europäische Parlament zog die Tierschutzpartei sowohl 2014 als auch 2019 jeweils mit einem Abgeordneten ein, so die Bundeszentrale für politische Bildung. Beide Male habe der jeweilige Abgeordnete die Partei jedoch nach kurzer Zeit verlassen, “verblieb mit seinem Mandat jedoch im Parlament”.
Ähnlich hielt es übrigens auch der einstige AfD-Chef und Europaparlamentarier Jörg Meuthen. Nach seinem Austritt aus der AfD wandte er sich bis zum vergangenen Herbst dem Zentrum zu. Die 1870/71 gegründete katholische Zentrumspartei blickt auf eine bewegte Geschichte, war eine der wichtigsten politischen Kräfte sowohl im Kaiserreich als auch in der Weimarer Republik.
Doch davon ist nicht mehr viel übrig geblieben. Zur aktuellen Europawahl findet sich auf der Homepage der Partei eine Mitteilung vom September, wonach man mit Marina Hübgens als Spitzenkandidatin in die Europawahl ziehen will. “Mir wird die aktuelle Politik zu bunt, ich will die Stimme des Zentrum im Europaparlament vertreten”, ließ die damals 27-Jährige verlauten.
Neben dem “Bündnis C – Christen für Deutschland” will auch eine andere Partei den Faktor Religion stärker ins Europaparlament bringen. Mit Spannung werden Experten das Abschneiden der “Demokratischen Allianz für Vielfalt und Aufbruch” verfolgen. Laut Programm will die DAVA Islamfeindlichkeit bekämpfen, ein positiveres Bild des Islams fördern und Belange von Migranten vertreten. Kritiker mutmaßen allerdings, dass hinter der Neugründung der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und seine AKP stehen.