Dem Begriff „Care“ und dem, was dahintersteckt, widmet sich am 29. Februar der Equal Care Day unter dem Motto „Raus aus der Care-Krise geht nur gemeinsam!“ Er wird mit Veranstaltungen in Städten in ganz Deutschland begangen. Zum Programm in Nürnberg gehört ein Vortrag der Professorin Christine Globig von der Fliedner-Fachhochschule Düsseldorf über die „Realität der Abhängigkeiten“. Die Ethikerin und Theologin sprach vorab mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) über den Begriff Care.
epd: Was ist denn diese Care-Arbeit eigentlich, um die es beim „Equal Care Tag“ geht.
Globig: Seit 50 Jahren hat man Fürsorgearbeit mit Hausarbeit, Kinder versorgen oder Pflege gleichgesetzt. Aber Care ist ein weiter gefasster Begriff und bezieht neben den praktischen Aspekten auch emotionalen Support und soziale Beziehungen mit ein. Am besten lässt sich das vielleicht erläutern, wenn wir uns vorstellen, dass wir einmal von einem Roboter gepflegt werden. Dabei wird deutlich, dass wir uns von Pflege auch Zuwendung erwarten, die sich nicht so leicht verbalisieren lässt. Care-Arbeit steckt auch hinter dem, was Menschen als Wohlfühlatmosphäre zu Hause wahrnehmen. Frauen machen das so mit und nehmen es oft nicht als Arbeit wahr. Natürlich kann man es als befriedigend empfinden, den Tisch schön zu decken, aber es geschieht nicht von selbst. Und das gute Geschirr stellt sich auch nicht selbst wieder in den Schrank. Man muss das jetzt nicht so weit problematisieren, dass man sich unglücklich macht, aber es ist eben so, dass die Arbeitsüberlastung berufstätiger Frauen sehr hoch ist, während den männlichen Partnern dafür oft die Wahrnehmung fehlt.
epd: Care-Arbeit ist bislang also weiblich dominiert. Wie kann man Care-Arbeit Männern schmackhaft machen?
Globig: Praktisch und konkret geht das über angemessene Bezahlung, die einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft herbeiführen würde. Die bisherigen Löhne für solche Arbeit sind keineswegs motivationssteigernd. Und das Thema der Care-Arbeit-Verteilung geht immer auch die nächste Generation an. Hier muss man Verständnis wecken. Besser als moralische Impulse in der Gesellschaft funktionieren etwa Sozialprojekte, in denen Jungen die Sinnhaftigkeit und Schönheit der Care-Arbeit entdecken. Man muss aber auch sehen, dass sich das Leben nicht nach einer ausgleichenden Gerechtigkeit organisiert. Frauen sind häufiger spontan bereit, mehr zu tun. Männer hingegen haben das Bedürfnis, Arbeitsvorgänge im Voraus zu überblicken und zu begrenzen, Frauen dagegen übernehmen auch unklare und entgrenzte Arbeiten, haben empirische Untersuchungen gezeigt.
epd: Sie sagen, abhängig von Fürsorge ist jeder Mensch – also auch der berufstätige, unabhängige Mann?