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Urteil: Ultraorthodoxe Juden in Israel sind wehrpflichtig

Nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs in Israel sind auch ultraorthodoxe Religionsschüler in Zukunft wehrpflichtig. Die Richter fällten das Urteil einstimmig, wie die israelische Tageszeitung „Jerusalem Post“ am Dienstag berichtete. Die Richterinnen und Richter am Obersten Gerichtshof sahen demnach insbesondere vor dem Hintergrund des anhaltenden Gaza-Krieges keine ausreichende juristische Grundlage für die Ungleichbehandlung von Studenten jüdischer Religionsschulen (Jeschiwas) und anderen Wehrpflichtigen.

Nach dem Urteil dürfen Jeschiwa-Studenten, die sich nicht bei der Armee einschreiben, keine staatlichen Subventionen mehr erhalten. Kritiker sehen in der staatlichen Unterstützung schon seit Langem eine ungerechte Belastung für den Rest der Gesellschaft. Ultraorthodoxe rechtfertigen das Vollzeitstudium religiöser Schriften als gleichwertigen Beitrag zu Israels Sicherheit.

Das Gesetz, das Religionsschüler von der Wehrpflicht befreite, war bereits vor Monaten ausgelaufen. Doch statt Einberufungsbescheide zu verschicken, hatte die rechts-religiöse Regierung an einem Gesetzentwurf gearbeitet, der die bisherigen Ausnahmen weiter verlängern sollte. Seit Kriegsbeginn am 7. Oktober 2023 waren mehrere Petitionen beim Obersten Gerichtshof eingegangen, die die Richter aufforderten, sich mit der umstrittenen Ausnahmeregelung zu befassen.

In den vergangenen Monaten hatte es zahlreiche Proteste von säkularen und religiösen Gruppen für und gegen die Ausnahmeregelung gegeben. Nicht betroffen vom neuen Urteil sind ultraorthodoxe Frauen, die häufig Haushalt und Kindererziehung übernehmen oder arbeiten, während die Männer studieren.

Das Urteil gilt als wegweisend, da es eine Ausnahmeregelung aufhebt, über die jahrzehntelang politisch und juristisch gestritten wurde. Die Entscheidung könnte zudem erhebliche Auswirkungen auf die aktuelle Regierung unter Ministerpräsident Benjamin Netanyahu haben. Aus Protest könnten streng-religiöse Parteien die aktuelle Koalition verlassen. Die Parteien „Schas“ und „Vereintes Thora-Judentum“ haben bereits damit gedroht.

Streng-religiöse Strömungen üben seit jeher einen hohen Einfluss auf die Politik aus. Bereits der erste Premierminister Israels, David Ben-Gurion, stimmte einer Wehrpflichtbefreiung für Ultraorthodoxe zu, um politische Mehrheiten zu sichern. Seit der Gründung Israels im Jahr 1948 ist die Zahl der sogenannten Haredim – wie ultraorthodoxe Juden auf Hebräisch genannt werden – jedoch stark angestiegen.