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Unterwegs auf dem Mönchsweg

Seit 2007 gibt es einen Radfernweg, der von Bremen nach Fehmarn führt: Den Mönchsweg. Wer hier unterwegs ist, erlebt Kirchengeschichte. Doch zugleich steht er für die Kooperation von Kirche und Tourismus.

Wo ein Mönchsweg ist, ist auch ein Mönch. Bruder Matthäus vom Kloster Nütschau mit seinem Fahrrad.
Wo ein Mönchsweg ist, ist auch ein Mönch. Bruder Matthäus vom Kloster Nütschau mit seinem Fahrrad.Mühlnickel

Kiel. „Einsam waren unsere langen Wege durch die endlosen und oft undurchdringlichen Wälder Holsteins vor 1000 Jahren. Nie ging einer von uns allein. Überall konnten Gefahren lauern“, erzählt Bruno von Faldera mit seiner tiefen, klaren Stimme. Bruno von Faldera war ein Mönch, ein Begleiter des Missionars und Bischofs Vicelin. Ein Sprecher der Mönchsweg-App schlüpft in seine Rolle, um die Besonderheiten einzelner Etappen zu erklären. Hier schildert er die Bedrohungen des Abschnitts von Kellinghusen nach Bad Segeberg, der damals durch dichtes Forstgebiet führte.

Mönchsweg hat eine Streckenlänge von insgesamt 530 km

Bruno von Faldera und Vicelin brachten Anfang des 12. Jahrhunderts das Christentum von Bremen nach Puttgarden auf Fehmarn. Ihren Spuren folgt seit Anfang des 21. Jahrhunderts, 2007, der Mönchsweg, einer von 13 Radfernwegen Schleswig-Holsteins. Pfingsten 2014 kam der Abschnitt, der durch das Alte Land bis nach Bremen führt, hinzu. 530 Kilometer sind es insgesamt, die in der Regel auch im Nordwesten beginnen – schließlich begann die Mission in Norddeutschland in Bremen, erläutert Dagmar Ott.

„Dem Weg geht es gut“, gibt Dagmar Ott nun fröhlich Auskunft. Sie arbeitet in der Geschäftsstelle des Mönchswegs in Kiel. Wer eine Radtour auf dem Mönchsweg plant, kann sich an sie wenden. Immer mehr Menschen seien es. Sogar aus Bayern oder Nordrhein-Westfalen reisen sie an, erzählt sie. „Und es gibt immer wieder welche, die direkt am Weg wohnen und ihn endlich kennenlernen möchten.“

Der Radsport boomt, die Pandemie hat das Reisen verändert

Viele bleiben nun im eigenen Land. Hinzu kommen die E-Bikes, die den Sport noch mehr Bewegungsfreudigen ermöglichen. „Das Land versucht, den Fokus aufs Binnenland zu legen“, erklärt Dagmar Ott die Tourismusziele von Schleswig-Holstein. Nicht nur Strände, sondern auch Wälder, Wiesen oder gar Hügel – wie in der Holsteinischen Schweiz. Und das ist auch der einzige Abschnitt, auf dem Fahrradfahrer auf dem Mönchsweg einige Höhenmeter zu bewältigen haben. „Da kann es schon ein bisschen auf und ab gehen“, meint Dagmar Ott. „Jeder, der Rad fahren kann, kann auf dem Mönchsweg fahren. Man sollte sich schon etwas kennen und wissen, wie fit man ist, um zu planen, welche Etappen man sich vornimmt“, sagt sie. Innerhalb weniger Tage seien diese zu schaffen. „Die meisten fahren auch den kompletten Weg.“

Die Ortschaften am Weg sind gut ans Bahnnetz angeschlossen, Unterkünfte­ gibt es viele, allein an der Ostsee könne es jetzt in der Sommerzeit „eng werden“, so Dagmar Ott. Hier sollte frühzeitig gebucht werden.
Dagmar Ott rät dazu, sich Zeit zu nehmen. „Man stößt auf ungeahnte Schätze: stille Seen, Hofläden, freundliche Gespräche“, erzählt sie. „Aber die zentralen Sehenswürdigkeiten am Mönchsweg sind natürlich die Kirchen.“ Es sei durchaus möglich, zu Fuß unterwegs zu sein. Jedoch seien viele Wege für Radfahrer angelegt. Und es gibt einen Streckenabschnitt durch den Segeberger Forst, etwa 20 Kilometer, an dem es keine Einkehrmöglichkeiten gibt.

Acht offizielle Radwegekirchen am Mönchsweg

Mehr als 100 Kirchen liegen auf den 530 Kilometern. 59 von ihnen haben geregelte Öffnungszeiten, acht von ihnen sind offiziell als Radwegekirchen ausgezeichnet. Zu den Kriterien des EKD-Zertifikats gehört wesentlich mehr als nur geöffnete Kirchentüren: etwa die Auslage von geistlichen Texten, aber auch Orte zur Rast sowie etwa der Zugang zu Trinkwasser und Toiletten.

Im Wald gibt es eine kleine Kapelle

Es gibt zwar einen offiziellen Pilgerpass, für den sich Radler unterwegs Stempel in ihren Unterkünften, in den Kirchen oder Gastronomien geben lassen können, um anschließend eine Mönchsweg-Urkunde zu erhalten. Ein Pilgerweg, wie der, der früher nach Santiago de Compostela führte, ist der Radfernweg jedoch nicht.

Doch Kirchengeschichte bietet der Weg trotzdem. Gerade hat Dagmar Ott die Zusammenstellung „Geschichtszeichen am Mönchsweg“ erarbeitet – und dafür auf Handzetteln historische Besonderheiten der einzelnen Orte zusammengefasst: zum Beispiel Fortuna an der Kirchturmspitze der Stadtkirche von Glückstadt, die Glücksgöttin als Sinnbild der Stadt. Oder die Insel Bischofswarder in Bosau, die ihren Namen Vicelin zu verdanken hat.

So streift ein relativ junger Weg die schleswig-holsteinische Kirchengeschichte. Seine Entstehungsgeschichte mutet eher weltlich an: „Alles begann zwischen Mönkloh und Weddelbrook“, erinnert sich Dagmar Ott. Die beiden Gemeinden im Kreis Segeberg forderten einen Radfahrweg entlang der Kreisstraße, die sie verbindet. Und erhielten die Antwort, dass das Land nur touristisch genutzte Wege fördere. „Es kamen immer mehr Akteure dazu: beispielsweise die Kreise und die damals nordelbische Kirche.“ Mit sehr viel Engagement habe man das Projekt gefördert.

Der Ort, an dem alles begann, steht für eine der zahlreichen Geschichten des Mönchsweges. In Mönkloh führte er direkt an einer Waldkapelle vorbei. Sie ist in Privatbesitz, ein Katholik ließ sie 2001 neben sieben Buchen errichten. „Ein guter Ort, um die Seele baumeln zu lassen“, heißt es bei einer Google-Rezension über sie. Sie hat zwar keine regelmäßigen Öffnungszeiten, eine massive Holzbank lädt hier jedoch zum Verweilen ein. Bruno von Faldera und seine Gefährten hätten hier bestimmt eine Pause eingelegt und den Gefahren des finsteren Waldes getrotzt.

Wer sich für den Mönchsweg interessiert, findet online Informationen unter www.moenchsweg.de. Zudem gibt es auch ein Infotelefon, erreichbar unter 0431/12 85 08 73.