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Untersuchung: Neue Rücktrittsforderungen wegen Ahr-Katastrophe

Wer trägt die Verantwortung für 135 Tote? In Rheinland-Pfalz wird weiter über das Handeln während des Ahr-Hochwassers gestritten. Jetzt gibt es einen Untersuchungsbericht. Und Rücktrittsforderungen.

Drei Jahre nach der Hochwasser-Katastrophe an der Ahr hat der Landtag von Rheinland-Pfalz am Freitag einen umfassenden Untersuchungsausschuss-Bericht veröffentlicht. Er enthält unter anderem Rücktrittsforderungen und Vorwürfe gegen die Landesregierung. In dem 2021 eingerichteten Ausschuss ging es um die Verantwortung der Landes- und der Lokalpolitik. Bei dem Hochwasser am 14. und 15. Juli 2021 in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen kamen alleine im Ahrtal 135 Menschen ums Leben.

Die CDU-Opposition fordert im Bericht, “unverzüglich” Umweltstaatssekretär Erwin Manz (Grüne) und den Chef der Verwaltungsbehörde des Landes, Thomas Linnertz, zu entlassen. Ex-Umweltministerin Anne Spiegel (Grüne) trat 2022 als Bundesfamilienministerin zurück; später gab auch Innenminister Roger Lewentz (SPD) wegen Fehlern des Ministeriums im Umgang mit der Katastrophe sein Amt auf.

Ex-Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) blieb im Amt und trat im Juli aus gesundheitlichen Gründen zurück. Die CDU wirft ihr mit Blick auf die Flutkatastrophe vor, das Amt nicht zum Wohle des Volkes ausgeübt zu haben. Insbesondere am 14. Juli habe sie fatales Desinteresse und durchgehende Passivität gezeigt.

Dieser Kritik stimmt die AfD zu; Manz und Linnertz könnten nicht weiter im Amt bleiben. Die Weigerung Dreyers, sich gegenüber den von der Flut betroffenen Menschen zu entschuldigen, sei Ausdruck fehlender Empathie. Auch die Freien Wähler monieren die nicht erfolgte Entschuldigung Dreyers, kritisieren Manz wie Linnertz.

Im Bericht, der sich mit dem Hochwasser im gesamten Bundesland befasst, ist von drei übergeordneten Erkenntnissen die Rede: Es habe Versäumnisse im Kreis Ahrweiler gegeben, das Hochwasser sei in seiner Dimension “so gut wie unvorhersehbar” gewesen und künftige Fälle könnten durch Erkenntnisse der Ausschussarbeit gemildert werden.

Auch die Caritas erneuerte am Freitag gegenüber der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) die Forderung nach einem besseren Umgang mit Katastrophen und ihrer Folgen. Um etwa hilfsbedürftige Menschen zu erreichen, sei eine enge Kooperation mit den Behörden auf allen Ebenen nötig. Zudem brauche es nicht nur einen Wiederaufbau, sondern auch ein Heilen traumatischer Verletzungen.

Hier setzt auch das Bistum Trier an und weist auf Formate hin, die nach der Flut entstanden sind. Angebote wie der Frühstücksplausch in Kirchsahr, das Familienzelt in Altenahr, das Projekt Rosenkränzchen in Bad Neuenahr-Ahrweiler und die Klapp-Cafes sowie die Waschbar geben den Menschen Halt.

Derweil dauert der Wiederaufbau im Ahrtal an. Eine Gesamtübersicht, wie viele Gebäude wiederaufgebaut werden beziehungsweise wurden, existiert nach Angaben des Kreises Ahrweiler jedoch nicht. “Es handelt sich insbesondere bei den Wohnhäusern um rein private Entscheidungen”, teilte die Verwaltung auf Anfrage der KNA. Eigentümer seien Behörden keine Rechenschaft schuldig.

Momentan werde ein Plan für überörtliche Maßnahmen der Hochwasser- und Starkregen-Vorsorge im Kreis erarbeitet. Rund 9.000 Gebäude seien beschädigt oder zerstört worden. Mindestens 17.000 Menschen hätten ihr Hab und Gut ganz verloren oder erhebliche Beschädigungen erlitten, so die Kreisverwaltung.