Nur mit negativen Inhalten: Islamische Verbände haben die Art und Weise kritisiert, wie Muslime im Koalitionsvertrag von Union und SPD genannt werden. Die Parteien kontern die Kritik – gerade mit Blick auf einen Verband.
Union und SPD wehren sich gegen die Kritik muslimischer Verbände am Koalitionsvertrag. Dieser halte fest, “dass Kirchen und Religionsgemeinschaften einen unverzichtbaren Beitrag für den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Gemeinwohl leisten”, sagte der religionspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thomas Rachel (CDU), dem “Tagesspiegel” (Donnerstag). “Damit sind auch muslimischen Religionsgemeinschaften gemeint.”
Der religionspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Lars Castellucci betonte, dass Muslime ein selbstverständlicher Teil der Gesellschaft seien. Es verbiete sich deshalb, sie unter Generalverdacht zu stellen. “Politik sollte Missstände beheben, aber immer auch einen Beitrag dazu leisten, dass wir ein freundliches und zugewandtes Klima haben, in dem sich alle Menschen offen und ohne Angst begegnen können”, sagte der SPD-Politiker dem “Tagesspiegel”.
Der Dialog mit den Muslimen sei wichtig und sollte etwa im Rahmen der Islamkonferenz weiterentwickelt werden, so Castellucci weiter. Dafür müssten aber auch die richtigen Ansprechpartner gefunden werden. “Das funktioniert nicht mit Vertretern, die mehr mit der Türkei als mit Deutschland zu tun haben.”
Kritik am Koalitionsvertrag gab es unter anderem vom Moscheenverband Ditib. Dessen Generalsekretär Eyüb Kalyon warf den Koalitionären vor, Muslime lediglich im Zusammenhang mit “negativ konnotierten Inhalten” wie Islamismus, Extremismus oder Prävention zu erwähnen. “Dies ignoriert die rund 90 Prozent der Muslime, die sich als Teil dieses Landes sehen und einen Beitrag zu unserer Gesellschaft leisten. Das ist keine positive Botschaft an die sechs Millionen Muslime in Deutschland und führt dazu, dass sich viele von ihnen in diesem Land nicht vertreten fühlen.”
Die Ditib gehört zu den größten Islamorganisationen Deutschlands und unterhält bundesweit fast 1.000 Moscheegemeinden. Der Verband untersteht der türkischen Religionsbehörde in Ankara. Kritiker sehen in ihm einen verlängerten Arm des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, um Einfluss auf die deutsche Politik zu nehmen.