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UN-Bericht zeigt die Erde im Strudel des Klimawandels

Ein düsteres Bild: Der Bericht zum Stand des Weltklimas enthält etliche neue Höchstwerte. So wenig wie ein Tanker sich bremsen lässt, sind manche Auswirkungen der Erderwärmung über Generationen unumkehrbar.

Rekorde gehören schon zum Standard: Auch nach dem diesjährigen Bericht der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) zum Stand des Weltklimas setzt sich die Erwärmung der Erde in alarmierender Weise fort. Zwar ist es nach Auffassung der Wissenschaftler noch immer möglich, den längerfristigen Temperaturanstieg auf 1,5 Grad zu begrenzen. Aber die Herausforderungen wachsen.

Der am Mittwoch in Genf veröffentlichte Bericht, der Beiträge von nationalen Wetterdiensten, regionalen Zentren der WMO, UN-Partnern und zahlreichen Experten zusammenfasst, soll Politikern als Entscheidungshilfe dienen. Nicht zuletzt deshalb verweist er auf massive wirtschaftliche und soziale Folgen wie Versicherungsschäden, Klimaflüchtlinge und Instabilität durch Ernährungskrisen.

Inzwischen ist auch klar: Selbst eine Hauruck-Wende bei den Emissionen würde den Klimawandel nicht ohne weiteres stoppen. Manche Effekte sind schon jetzt über Jahrhunderte, teils über Jahrtausende nicht umkehrbar.

Den vorliegenden Daten zufolge war 2024 wahrscheinlich das erste Kalenderjahr, in dem die globale Durchschnittstemperatur mehr als 1,5 Grad über dem Niveau der vorindustriellen Zeit von 1850-1900 lag, und damit das wärmste Jahr in der 175-jährigen Beobachtungsgeschichte überhaupt. Über einen längeren Zeitraum gemittelt, siedeln die Experten die Erderwärmung derzeit zwischen 1,34 und 1,41 Grad an.

Ein einziges Jahr mit einer Erwärmung von mehr als 1,5 Grad bedeute nicht, dass die längerfristigen Ziele des Pariser Klimaabkommens unerreichbar seien, betonte WMO-Generalsekretärin Celeste Saulo. Es sei aber ein Weckruf, dass die Risiken für Leben, Wirtschaft und den Planeten wüchsen.

UN-Generalsekretär Antonio Guterres nimmt wieder die Rolle des Mahners ein, der die Staaten der Weltgemeinschaft behutsam zum Handeln drängt: Die Erde sende “immer mehr Notsignale aus”, sagte er zu dem Bericht. Um die Erderwärmung noch auf 1,5 Grad zu begrenzen, müssten die Staats- und Regierungschefs ihre nationalen Klimapläne anpassen und stärker auf erneuerbare Energien setzen – auch zum Vorteil ihrer Bürger und ihrer Wirtschaft.

Dem Bericht zufolge war jedes der vergangenen zehn Jahre seit 2015 eines der zehn wärmsten in der Geschichte der modernen Wetteraufzeichnung. Die globalen Rekordtemperaturen von 2023 und 2024 sehen die Wissenschaftler vor allem als Folge des beständigen Anstiegs der Emissionen. So sei die Konzentration von Kohlendioxid, Methan und Distickstoffoxid in der Atmosphäre so hoch wie nie in 800.000 Jahren.

Gebirgsgletscher, die ein wichtiges Trinkwasserreservoir darstellen, schmolzen in den vergangenen drei Jahren stärker als je zuvor. Auch das Meereis am Nordpol zeigte über die zurückliegenden 18 Jahre eine außerordentlich geringe Ausdehnung.

Daten für 2024 zeigten, dass sich die Ozeane weiter erwärmten und der Meeresspiegel weiter steige, sagte WMO-Chefin Saulo. Das Abschmelzen der Eismassen, sowohl in Gletschern als auch im Meereis am Südpol, setze sich “in alarmierendem Tempo” fort.

Die Menge der in den Weltmeeren gespeicherten Wärme erreichte den höchsten Stand in der 65-jährigen Beobachtungsgeschichte. Zugleich verdoppelte sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten das Tempo der Erwärmung gegenüber den 45 Jahren zuvor. Das führt dazu, dass die biologische Vielfalt zurückgeht und die Ozeane weniger Kohlendioxid speichern können. Der Anstieg der Meeresspiegel ist nach Aussage der Forscher über Hunderte von Jahren nicht mehr zu bremsen. Selbst bei einer drastischen Minderung der CO2-Emissionen werde die Aufheizung mindestens für den Rest des Jahrhunderts andauern.

Auch soziale und wirtschaftliche Folgen nennt der Bericht: Extreme Wetterereignisse wie tropische Wirbelstürme, Überschwemmungen, Dürren und andere Gefahren zwangen vergangenes Jahr so viele Menschen zur Flucht wie seit 16 Jahren nicht. In Verbindung mit Konflikten und Dürren verschärften hohe Lebensmittelpreise in 18 Ländern bestehende Ernährungskrisen. Auch reiche Industriestaaten bekamen die Wetterunbilden zu spüren: So verursachten schwere Wirbelstürme an der US-amerikanischen Westküste wirtschaftliche Schäden in Höhe von mehreren Milliarden Dollar.