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Trump greift nach Republikaner-Parteitag wieder nach der Macht

“Four more years”: Vier weitere Jahre Donald Trump als US-Präsident. Das ist nach dem Parteitag der Republikaner keine unrealistische Perspektive mehr. Der Kandidat scheint unterdessen in überirdische Sphären entrückt.

Er ist wieder da. Vier Jahre nach seinem turbulenten Abgang von der ganz großen politischen Bühne ist Donald Trump einem Comeback wieder einen Schritt näher gekommen. Beim gerade zu Ende gegangenen Parteitag der Republikaner in Milwaukee wurde der 78-Jährige offiziell zum Kandidaten für die US-Präsidentschaftswahlen im Herbst nominiert. Für seine Unterstützer ist der Mann mit der markanten Frisur ein Heilsbringer. Seine Kritiker dagegen sehen in ihm den Gottseibeiuns der amerikanischen Politik.

Trump selbst wähnt sich unter dem Schutz des Allerhöchsten. “Durch Glück oder durch Gott – und viele Leute sagen, es war Gottes Werk – bin ich noch hier”, vertraute er der “New York Post” kurz nach dem auf ihn verübten Attentat an. In seiner Schlussrede beim Nominierungsparteitag fügte er hinzu: “Ich habe Gott auf meiner Seite.” Der Anschlag am vergangenen Samstag sorgte weltweit für Bestürzung – und Bilder, die manche Beobachter als eine Art Vorentscheidung im Wahlkampf gegen seinen ohnehin angeschlagenen Gegner, Amtsinhaber Joe Biden, deuten. Trump, von Sicherheitsleuten umringt, mit Blutspuren im Gesicht und die Faust in den Himmel gereckt verliehen ihm die Aura eines Märtyrers.

“Ich glaube, Gott hat ihn gerettet”, ließ Republikaner Mike Johnson, Sprecher des Repräsentantenhauses, verlauten. Franklin Graham, Präsident der einflussreichen Billy Graham Evangelistic Association, sagte dem Nachrichtensender Fox News, der ehemalige und möglicherweise künftige Präsident kämpfe mit allem, was er habe, für Amerika – “und nun hat er dafür auch geblutet”. Spätestens hier stellt sich die Frage, wie es Trump selbst mit der Religion hält.

Einen gewissen Einfluss übte der presbyterianische Pastor und Buchautor Norman Vincent Peale (1898-1993) aus, dessen Gottesdienste in der Marble Collegiate Church in Manhattan die Familie Trump häufiger besuchte. Peale nannte seine Philosophie “die Kraft des positiven Denkens”, die er auch 1952 in seinem gleichnamigen Bestseller unter das Volk brachte. Seine schlichten Botschaften waren eher im Diesseits verortet, als dass sie aufs Jenseits verwiesen. Mit Selbstvertrauen und positivem Denken, so lautete Peales Credo, lasse sich jedes Hindernis überwinden. “Ich weiß, dass ich mit Gottes Hilfe sogar Staubsauger verkaufen könnte.”

Diese Lektion deckte sich wohl mit den Erfahrungen des jungen Donald Trump. Seine Eltern, Bauunternehmer Fred und Mutter Mary Anne, trimmten ihn ebenso wie seine Geschwister gnadenlos auf Erfolg und Reichtum. Spätestens nach Peales Tod sei die Bindung an dessen Gemeinde jedoch rasch geschwunden, bilanziert Andreas G. Weiß, Theologe und Autor des Buchs “Trump. Du sollst keine anderen Götter neben mir haben”.

Als Präsident in den Jahren 2017 bis 2021 spielten konfessionelle Unterschiede laut Weiß für Trump keine Rolle. Seine Lieblingsheiligen seien Mutter Teresa von Kalkutta (1910-1997) und Papst Johannes Paul II. (1920-2005), deren Popularität ihn offensichtlich beeindrucken. Doch dem selbsterklärt konfessionslosen Christen blieb der Glaube an sich selbst die wichtigste Konstante. “Ich werde der größte Präsident sein, den Gott jemals geschaffen hat.” Seinen Besuch im Vatikan 2017 kommentierte er standesgemäß: “Eine Ehre fürs Leben, Seiner Heiligkeit Papst Franziskus zu begegnen. Ich verlasse den Vatikan mehr denn je entschlossen, nach Frieden in unserer Welt zu streben.”

Ebenso vollmundige wie eingängige Botschaften waren schon eine Spezialität von Trumps erster Kampagne. So nutzte den Slogan “Make America great again” schon Ronald Reagan, Präsident von 1981 bis 1989. Doch erst der schillernde “Dealmaker” Trump machte daraus eine Marke – und ein Geschäft. Über seinen Internet-Shop verkauft er die feuerrote MAGA-Kappe – “the greatest hat of all time” – für 50 Dollar. Der “Messias des MAGA-Jahrhunderts”, wie ihn die “Berliner Zeitung” gerade erst nannte, versteht sich auf den Handel mit Reliquien seiner Bewegung, die längst die Republikanische Partei gekapert hat.

Für manche überraschend war, dass sich Trump nach dem Attentat ungewohnt demütig gab. Seine auf Angriff getrimmte Rede für den Parteitag habe er verworfen. Er wolle versuchen, das Land zu einen, sagte er der “New York Post”. “Aber ich weiß nicht, ob es möglich ist.”