Trotz der Absage des interreligiösen Friedensgebets haben sich am Montagabend zahlreiche Menschen auf dem Münchner Marienplatz getroffen. Wie Imam Benjamin Idriz, Vorsitzender des Münchner Forum für Islam (MFI), auf seinem Instagram-Kanal mitteilte, seien er und weitere Personen aus dem Veranstalterkreis zur geplanten Zeit am Marienplatz gewesen, um Menschen, die nicht von der Absage erfahren hätten, nicht allein zu lassen. Auf Wunsch der Anwesenden habe er sein vorbereitetes Friedensgebet gesprochen; einige Christen hätten das Vaterunser gebetet.
Ein Polizeisprecher erklärte auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd), dass rund 70 Menschen auf den Marienplatz gekommen waren. Polizeibeamte hätten ihnen mitgeteilt, dass die Veranstaltung abgesagt worden sei. Daraufhin hätte sich die Versammlung nach etwa zehn Minuten aufgelöst.
Der Muslimrat und das MFI hatten als Veranstalter das Friedensgebet am Montagmittag abgesagt. Gründe dafür waren, dass der Rabbiner der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) München und Oberbayern seine Teilnahme am Sonntagabend zurückgezogen hatte. Daraufhin legte Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Montagvormittag seine Schirmherrschaft nieder, die er an die Teilnahme eines jüdischen Vertreters geknüpft hatte. In Folge zogen sich auch die Vertreter der evangelischen und der katholischen Kirche zurück.
Zuvor hatte es Kritik am Muslimrat München als Veranstalter des Friedensgebets gegeben. Das „Linke Bündnis gegen Antisemitismus“ und der Präsident der Deutsch-Israelischen Gesellschaft hatten dem Muslimrat durch seine Vereinsstruktur eine „Nähe zu islamistischen Gruppierungen wie DITIB, Millî-Görüs und der Muslimbruderschaft“ vorgeworfen. Die Terrorgruppe Hamas sei der palästinensische Zweig der Muslimbruderschaft, erklärte das Linke Bündnis in einer Pressemitteilung.
Der Muslimrat München hatte die Veranstaltung laut epd-Information in Kooperation mit der Landeshauptstadt geplant, ohne den Rat der Religionen München mit einzubeziehen. Der Rat wurde laut Homepage 2016 von jüdischen, christlichen, muslimischen und buddhistischen Vertretern gegründet, um die Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften vor Ort zu stärken. Seither hat der Rat immer wieder Friedensgebete in München veranstaltet. Der Muslimrat und das Münchner Forum für Islam (MFI) sind Mitglieder im Rat der Religionen.
Der Muslimrat und das MFI hatten sich am Montag in einer Stellungnahme über die Absagen der geladenen Teilnehmer des Friedensgebets irritiert gezeigt. Man habe „gehofft, dass alle verantwortlichen Kräfte in unserer Stadt die ausgestreckte Hand ergreifen und deutliche Zeichen für das Miteinander setzen wollten“. Dass dies in München nicht möglich sein solle, bleibe „eine sehr bittere Erfahrung, nicht nur für Muslime“, erklärte Imam Idriz im Namen des Muslimrats.
OB Reiter erklärte in einem Statement, sein Ziel sei gewesen, „in dieser hochemotionalen Zeit“ zu deeskalieren und den Zusammenhalt in der Stadt zu stärken. Offenbar sei die Zeit aber „derzeit nicht reif“, um in und für München ein gemeinsames Friedensgebet zu ermöglichen. Er bedauere die Absage, habe aber auch Verständnis für den Rückzug des Rabbiners.