Jugendliche und junge Erwachsene erleben eine große Unsicherheit. Sie wünschen sich, mehr politisch wahrgenommen zu werden – und eine starke Wirtschaftspolitik.
Die 16- bis 24-Jährigen in Deutschland fühlen sich einer Studie zufolge in einem hohen Ausmaß hilflos und verloren. Die Gefühle seien durch Corona-Krise, Krieg, Inflation und Klimawandel bedingt, heißt es in der Studie des Kölner Rheingold-Institus, die am Donnerstag vorgestellt wurde. “Man spürt die gedeckelten Ansprüche”, so Stephan Grünewald, Gründer des Rheingold-Instituts. Früher hätten junge Menschen das Gefühl gehabt, Großes erreichen zu können. “Jetzt merkten wir tendenziell eine besorgte, bedrückte Stimmung.”
Jugendliche und junge Erwachsene blicken demnach weitgehend negativ in die Zukunft: 79 Prozent zeigen sich über die soziale und wirtschaftliche Entwicklung besorgt. 71 Prozent bereitet eine Polarisierung in der Gesellschaft Sorge. Ebenso viele Jugendliche wünschen sich, Teil einer Gemeinschaft zu sein, die andere nicht ausschließt.
“Wir haben keinen Generationenkonflikt, wir haben einen Konflikt innerhalb unserer Generation”, zitiert Grünwald einen der Studienteilnehmer. Rückhalt durch eine Gemeinschaft werde gebraucht, sei aber nicht vorhanden. Jugendliche zögen sich in ihre Blase zurück – dadurch werde diese extremer und zu einer “Wagenburg”. Junge Menschen wollten sich absichern und flüchteten in Selbstbezogenheit.
Als besonders drängend empfinden sie laut Studie die Themen Rente, bezahlbarer Wohnraum, Alltagsinflation, Polarisierung in der Gesellschaft, Kriegsangst, Migration als Konkurrenz, Bildungsmisere, marode Infrastruktur, Klimawandel und Bürokratie. Diese “Erwachsenenthemen” beschäftigten junge Menschen heute mehr, als dies in früheren Generationen der Fall gewesen sei. Sie vertrauten eher wenig ihrem Umfeld und fühlten sich durch Ältere regelmäßig kritisiert oder abgelehnt, von politischen Entscheidungen insbesondere während der Corona-Krise ignoriert.
Hohe Zustimmungswerte zur AfD bei der vergangenen Europawahl unter jungen Menschen erklärt Grünwald mit einer hohen Unzufriedenheit mit anderen Parteien. Positiv sieht er, dass auch die jungen Leute per se nicht gegen Migration, sondern für ein offenes Europa seien. 70 Prozent der befragten AfD-Wähler fänden Migration gut, solange Migration stärker reguliert werde, alle arbeiteten und Steuern zahlten.
Die Befragten waren den Angaben zufolge zu gleichen Teilen Schüler, Auszubildende, Studierende und Berufstätige (je 25 Prozent). Ebenso gleichmäßig verteilt waren die Studienteilnehmer auf ein niedriges, mittleres und hohes Haushaltsnettoeinkommen (je 33 Prozent). Die politische Orientierung war analog zum Wahlverhalten der 16- bis 24-Jährigen bei der vergangenen Europawahl verteilt. Arbeitslose und Personen mit unterdurchschnittlichem Einkommen wurden nicht interviewt.
Die Studie “GenZ 2024 – Generation Überdruck” des Rheingold-Instituts zu Lebenswirklichkeit, Politik, Wahlverhalten und Wahrnehmung der chemisch-pharmazeutischen Industrie ist im Auftrag eben dieser entstanden. Im August wurde dafür die Meinung von 1.233 Teilnehmenden anhand eines Online-Fragebogens erhoben. Außerdem wurden 64 qualitative Interviews geführt. Die Stichprobe war nach den Studienangaben bundesweit repräsentativ für die in Deutschland lebenden 16 bis 24-Jährigen.