Ein soziales Pflichtjahr für alle? Der Bundespräsident hält weiter daran fest. Es treibt ihn die Beobachtung, dass sich weniger Menschen ehrenamtlich engagieren. Die Caritas-Präsident setzt dagegen auf Freiwilligkeit.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat erneut für ein soziales Pflichtjahr geworben. Damit die Freiheit in einer liberalen Demokratie lebbar sei, brauche sie gesellschaftliche Bindungen, brauche es Menschen, “die Verantwortung füreinander übernehmen”, sagte Steinmeier am Dienstag in Berlin. Bei einer sozialen Pflichtzeit müsse sich jeder mindestens einmal im Leben, für einen Zeitraum Menschen widmen, “mit denen wir im Alltag sonst wenig zu tun haben”. Steinmeier: “Das Ich in der Gesellschaft braucht immer auch ein Wir”.
Die Pflichtzeit würde dazu auffordern, “über den eigenen Tellerrand zu schauen, über den eigenen Nutzen hinauszudenken und sich anderen Lebenswelten zuzuwenden”. Der Bundespräsident äußerte sich bei einer Veranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung. Er hatte die Debatte über ein soziales Pflichtjahr vor rund zwei Jahren angestoßen.
Er halte es für entscheidend, ob es gelingen könne, die Mehrheit der jungen Menschen für die Idee zu gewinnen. Es gehe darum, wie auch in Zukunft den Zusammenhalt gestärkt werden könne. Das klassische Ehrenamt habe sich in den vergangenen Jahren geändert. Ehrenämter verteilten sich auf immer weniger Schultern, manche seien in der Folge überfordert von der wachsenden Belastung. Das führe dazu, dass in Vereinen und Verbänden Posten im Vorstand unbesetzt bleiben. Die Maschen im dichten Netz des ehrenamtlichen Engagements würden weiter, so Steinmeier. Wenn er sich entscheiden müsse, könne er sich vorstellen einen sozialen Dienst im Krankenhaus oder im Altenheim zu leisten.
Die Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa plädierte unterdessen dafür, weiter auf Freiwilligkeit bei einem sozialen Dienst zu setzen. Sie halte es für schwierig, junge Menschen dazu zu verpflichten. Zugleich äußerte sie Kritik an der Finanzierung der Freiwilligendienste. Durch die anhaltenden Debatten über eine Aufstellung des Bundeshaushalts werde zugelassen, dass das “wunderbare System der Freiwilligendienste kaputt gespart wird”.