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Segen oder Katastrophe

Möglichkeiten der Technik Mehr Gesundheit, weniger Hunger, bequemeres Leben: Technischer Fortschritt hat viele Verlockungen. Aber auch Risiken. Wie soll man richtige Entscheidungen treffen?

Was für eine verrückte Szene: Die Besatzung des Raumschiffes Enterprise ist durch einen Zeitsprung in unsere heutige Zeit zurückgereist. Jetzt steht Scotty, der Bordtechniker, vor einem Computer und will mit dem Gerät sprechen.
Das war 1986, und die Menschen, die den Film „Zurück in die Gegenwart“ sahen, mussten herzlich lachen. Mit einem Computer reden, anstatt die Tastatur zu benutzen – das war damals ein wirklich nettes Augenzwinkern in Richtung Zukunft.
Heute, im Jahr 2015, gehört die Bedienung von Computern durch Sprachbefehle zum Alltag.
Die technische Entwicklung ist atemberaubend. Sie verläuft nicht linear, nicht gleichmäßig ansteigend. Sondern rasant beschleunigt. 2006: Fußballweltmeisterschaft in Deutschland. Ein Meer von Flaggen. Viele Deutsche gewinnen ein neues Verhältnis zur eigenen Nation. Noch nicht lange her, nicht wahr? Was man nicht glauben mag: Zu diesem Zeitpunkt gab es keine Smartphones. Die Telefone mit der Glasoberfläche, die kleinen Alleskönner, die heute aus dem Alltag nicht mehr wegzudenken sind, waren damals noch nicht erfunden.
Technischer Fortschritt macht immer größere Sprünge. Was vor fünf Jahren als undenkbar galt, ist heute schon fast kalter Kaffee. Datenspeicher, die das gesamte Wissen der Menschheit aufnehmen können, kosten heute ein paar Euro und sind nicht größer als ein Hemdknopf. Roboter helfen in der Pflege (Seite 10). Geheimdienste können Milliarden von Telefongesprächen gleichzeitig mitschneiden. Batterien, die ein Auto einen Monat mit Strom versorgen? Computeranzeigen, die direkt ins Innere des Auges auf die Netzhaut eingespielt werden? Alles nur noch eine Frage von ein paar Jahren.
Wohin führt das? Davon hat wohl keiner eine halbwegs zutreffende Vorstellung. Die Möglichkeiten, die in ein paar Jahren auf uns warten, sind heute nicht annähernd absehbar.
Das wirft ein Problem auf: Wie soll man entscheiden, was von alledem gut und richtig ist oder verwerflich und falsch? Wie sollen Gesetze und Ordnungen, Politik und öffentliche Diskussion mithalten können mit einem Tempo, das selbst für Experten zur Überforderung wird? Soll eine 68-Jährige durch künstliche Befruchtung Mutter werden können? Darf der Mensch künstliches Leben herstellen, um es als Ersatzteillager für Operationen zu nutzen? Darf er mit Grippeviren experimentieren, wenn durch eine Unachtsamkeit dabei die gesamte Menschheit ausgelöscht werden könnte?
Auch für Christinnen und Christen sind das wichtige Fragen. Die Kirchen haben ihre Vertreter in den Ethikkommissionen. Auch sie müssen um Entscheidungen ringen. Die Bibel ist Tausende von Jahren alt. Da steht nichts von Gentechnologie oder Stammzelltherapie.
Es gibt keine leichten Antworten. Möglichkeiten und Gefahren abzuwägen, zwischen Segen und Katastrophe zu unterscheiden – dieser Aufgabe muss sich auch die Kirche stellen. Sie gehört zur Verantwortung für das Leben. (Siehe auch Seite 2.)