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Schuster sieht Demokratie und offene Gesellschaft “flackern”

Das jüdische Fest Pessach steht vor der Tür – es gilt als Fest der Freiheit. Vor allem seit dem 7. Oktober 2023 blicken Jüdinnen und Juden skeptisch auf den Stand der Freiheit auch in Deutschland.

Die Demokratie und die offene Gesellschaft in Deutschland “flackern” – das ist die Einschätzung des Präsidenten des Zentralrats der Juden. “Israel- und Judenhass sind unter einer Decke der Wohligkeit und schlafwandelnder Nichtbeachtung aus den erstarkenden Extremen bis in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen: Das ist eine der bitteren Erkenntnisse seit dem 7. Oktober 2023”, schreibt Schuster in einem Gastbeitrag in der “Jüdischen Allgemeinen” (Donnerstag).

Am bevorstehenden Pessachfest treffe dieser Schlag die jüdische Gemeinschaft besonders: “Wir sind in Gedanken bei den Familien der Geiseln.” Pessach sei ein Fest der Familie und des Glaubens, und noch immer seien viele Tischgemeinschaften beim traditionellen Festmahl am Vorabend nicht vollständig, manche würden es nie mehr werden, betont Schuster.

Zwar habe es von den Spitzen des deutschen Staates nach dem Massaker der Terrororganisation Hamas in Israel und antisemitischen Vorfällen danach auch in Deutschland viel Solidarität gegeben. Dennoch habe man oft das Gefühl, “dass viele der Worte in den Irrungen und Wirrungen des politischen Betriebes versanden”, kritisiert Schuster.

“Es muss sich etwas ändern in Deutschland, das gilt auch für den Schutz jüdischen Lebens. Zu viel bleibt gegenwärtig trotz aller Rhetorik im Unklaren”, so der Zentralratspräsident auch an die Adresse der neuen Bundesregierung. Deutschland sei ein Staat, der jüdisches Leben schütze und fördere. “Wer, wie die AfD, diese Fundamente zum Einsturz bringen will, der ist eine Gefahr für jüdisches Leben in Deutschland.”

Pessach gehört zu den wichtigsten jüdischen Festen. Es erinnert an den überlieferten Auszug des Volkes Israel aus Ägypten und an die Befreiung aus der Sklaverei. In diesem Jahr beginnt das Fest am Samstagabend und endet am 20. April.

Auch die ehemalige Zentralratspräsidentin Charlotte Knobloch erinnert in derselben Zeitung an das Schicksal der weiterhin im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln. Mit Blick auf Deutschland schreibt die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, dass Strukturen zwar fragiler würden. Aber sie vertraue darauf, dass es nicht zu einem “Auszug” von Jüdinnen und Juden komme. Knobloch rief zu Zuversicht auf.

Der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antisemitismus, Felix Klein, sprach in einer Anzeige in der “Jüdischen Allgemeinen” von Herausforderungen für die neue Bundesregierung, etwa Antisemitismus. Trotz Bedrohungen sei jüdisches Leben hierzulande aktiver denn je.