Der Blick auf Auschwitz dürfe “in seinem Kern” nicht verändert werden, mahnt der Präsident des Zentralrats der Juden. Wer die Erinnerung daran verwässern wolle, dem müsse deutlicher Widerspruch entgegengebracht werden.
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, fordert ein deutliches Eintreten für die Erinnerung an die Schoah. “Die Politik muss eine klare Sprache gegen eine subtile Verwässerung der Erinnerung an die Schoah von extrem links und extrem rechts finden”, sagte Schuster am Sonntag in Frankfurt am Main. In der Jüdischen Gemeinde fand anlässlich der Befreiung des NS-Konzentrationslagers Auschwitz vor 80 Jahren eine Gedenkveranstaltung statt.
In entsprechenden Debatten würden jüdische Perspektiven zu wenig und manchmal erst zu spät wahrgenommen, kritisierte Schuster. Es brauche dafür Räume, die ermöglicht werden müssten. Dazu könne die Politik einen Beitrag leisten.
Schuster mahnte, dass sich der Blick auf Auschwitz “in seinem Kern” nicht verändern dürfe. “Er kann es nicht, wenn dieses Land seiner Gründungsidee und seiner Verantwortung vor der Geschichte gerecht werden will.” Diese Gewissheit sei essenziell für jüdisches Leben in Deutschland. “Es braucht eine wehrhafte Haltung gegen die Propaganda des ‘Schuldkults’, deren parlamentarischer Arm mit der AfD bereits in Landtagen und im Bundestag sitzt.” Schuster prangerte auch eine “postkoloniale Verirrung der ‘German guilt'” an.
Jüdinnen und Juden könnten sich der Unterstützung einer großen Mehrheit der politischen Akteure sicher sein. Allerdings gebe es immer wieder “Irritationen”, sagte Schuster. “Gerade die Erinnerung an die Schoah, ihre Singularität sowie die Gestaltung und Absicherung der KZ-Gedenkstätten müssen über jeden Zweifel erhaben sein.”
Am 27. Januar 1945 befreiten Soldaten der Roten Armee überlebende Häftlinge in Auschwitz. Es war das größte Konzentrationslager der Nationalsozialisten. Auschwitz wurde zum Synonym für die Schoah, den Massenmord am jüdischen Volk durch die Nationalsozialisten.
In das Lager wurden zwischen 1940 und 1945 weit über eine Million Menschen aus ganz Europa deportiert. Der überwiegende Teil waren Juden, dazu kamen etwa 140.000 Polen, Zehntausende Sinti und Roma sowie Tausende politische Häftlinge anderer Nationalität. Die Zahl der im KZ Auschwitz und vor allem im dazugehörigen Vernichtungslager Birkenau Ermordeten wird auf etwa 1,1 bis 1,5 Millionen Menschen geschätzt.