Der Claudius Verlag aus München und der Wochenschau Verlag aus Frankfurt sind am Dienstag in Berlin mit dem Henny Brenner Preis ausgezeichnet worden. Der erstmals vergebene Preis würdige herausragende Bildungsmedien, „die jüdisches Leben fachlich fundiert, differenziert und didaktisch hochwertig darstellen“, teilten der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, sowie die Präsidentin der Bildungsministerkonferenz, die mecklenburg-vorpommerische Bildungsministerin Simone Oldenburg (Linke), mit. Der Preis ist mit je 5.000 Euro dotiert und erinnert an die Shoah-Überlebende Henny Brenner (1924-2020).
Ausgezeichnet wurde in der Kategorie „Sekundarstufe“ das Schulbuch „OrtswechselPlus“ für die neunte Jahrgangsstufe des Münchner Claudius Verlags. Die Jury hob in ihrer Würdigung die Darstellung jüdischer Vielfalt hervor, die religiöse wie säkulare Identitäten einschließe und durch persönliche Texte gängigen Klischees entgegenwirke. Das Buch fördere zudem „eine kritische Auseinandersetzung mit dem eigenen kulturellen Hintergrund“, indem etwa auch christlicher Antijudaismus thematisiert wird. Laut Jury gehört das Kapitel zum Judentum „zu den besten, die in Religions- und Ethikschulbüchern bisher gesehen wurden“.
Der Sonderpreis ging an das Themenheft „Nie wieder ist jetzt – Antisemitismus“ (Sekundarstufe II) des Wochenschau Verlags aus Frankfurt am Main. Die Jury würdigte das Heft als „inhaltlich hochaktuelles Lehrmaterial, das den komplexen Anforderungen an eine zeitgemäße Antisemitismusprävention gerecht wird“. Das Heft biete den Schülern konkrete Werkzeuge an, wie den „3-D-Test“ zur Unterscheidung von legitimer Israelkritik und Antisemitismus. Zudem leiste es einen wichtigen Beitrag zur Medienkompetenz, indem es Verschwörungserzählungen dekonstruiere und politische Rhetorik im digitalen Raum analysiere.
Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster, sagte laut Redemanuskript bei der Preisverleihung in Berlin, „OrtswechselPlus“ mache jüdisches Leben „in all seinen Facetten sichtbar, erzählt von Tradition und Alltag, von religiösen wie säkularen Perspektiven“. Dass diese Vielfalt selbstverständlich zur deutschen Gegenwart gehört, „wird hier nicht behauptet, sondern erlebbar“. Gerade angesichts zunehmender Polarisierung brauche man Bildungsmedien, die nicht ausweichen, sagte er. „Bildung ist einer der stärksten Verbündeten im Kampf gegen Antisemitismus.“ Sie schaffe die Grundlage für Respekt und Zusammenhalt.
„Schulbuchverlagen kommt bei der Vermittlung von jüdischem Leben und Prävention von Antisemitismus eine Schlüsselfunktion zu“, sagte der Jury-Vorsitzende Klein laut Redemanuskript im Rahmen der Preisverleihung. Die ausgezeichneten Verlage vermittelten mit ihren Materialien nicht nur Wissen, sondern auch demokratische Werte und Haltung, ergänzte Ministerin Oldenburg. Der Beauftragte der Bundesregierung und die Kultusministerkonferenz haben Qualitätsmerkmale und Leitlinien veröffentlicht, um Lehrkräfte und Verlage dabei zu unterstützen, Materialien zu entwickeln, die Antisemitismus vorbeugen und Demokratiebildung stärken.
Roland Gertz, Verleger des Claudius Verlags im Evangelischen Presseverband für Bayern (EPV), dankte dafür, dass der Band für die neunte Jahrgangsstufe der Schulbuchreihe „OrtswechselPlus“ bei der ersten Vergabe des Henny Brenner Preises bedacht wurde. Man sei zugleich überrascht, denn man werde für etwas geehrt, „was für uns in unserem Verlag in der täglichen Arbeit“ selbstverständlich sei, erläuterte Gertz. Es gehe in der gesamten Schulbuchreihe für den evangelischen Religionsunterricht darum, vom Judentum „in seiner ganzen Lebendigkeit und Vielfalt zu lernen und es nicht allein als Wurzel des Christentums zu deklarieren“.
Henny Brenner, geborene Wolf, hat sich als Überlebende der Shoah zeitlebens für Versöhnung und Erinnerung engagiert. Zentralratspräsident Schuster sagte, es berühre ihn persönlich, dass dieser neu geschaffene Preis diesen Namen trage – denn Brenner sei nicht nur eine beeindruckende Zeitzeugin gewesen, sondern habe auch seiner Familie nahegestanden. „Meine Eltern kannten Henny Brenner und ihren Mann gut“, sagte Schuster laut Manuskript. Es habe gegenseitige Einladungen, Begegnungen und sogar Familienfeiern gegeben. Es sei eine „Freude“, dass der nach ihr benannte Preis nun „einen Teil ihres Vermächtnisses fortführt“. (3946/16.12.2025)