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Schleswiger Bischöfin: “Menschen fehlt häufig die Gemeinschaft”

Gemeinsam essen, klönen und Kontakte knüpfen: Die evangelische Kirchengemeinde Wesselburen (Kreis Dithmarschen) startet am Sonntag zum zweiten Mal eine dreiwöchige Vesperkirche. Unter dem Motto „Mohltied“ kommen bis zum 31. Januar montags bis freitags Menschen aus allen gesellschaftlichen Schichten zum Mittagessen und Kaffeetrinken zusammen. Für die Schleswiger Bischöfin Nora Steen sind solche Projekte eine Kernaufgabe von Kirche. Was Menschen heute häufig fehle, sei Gemeinschaft, sagte sie dem Evangelischen Pressedienst. Viele würden es gar nicht mehr kennen, mit anderen zusammen zu essen. „’Mohltied’ ist ein Projekt für Leib und Seele – und daher so wichtig“, erklärte Steen.

Es gebe bereits in vielen Kirchengemeinden in Schleswig-Holstein ähnliche Projekte. Alle erfreuten sich großer Resonanz. „Es kann aber sicherlich nicht genug davon geben“, so Steen. Zumal man davon ausgehen müsse, dass die sozialen Probleme in der Gesellschaft weiter zunähmen. „Steigende Energiepreise, Mietkosten und allgemeine Lebenshaltungskosten spürt inzwischen auch die so genannte Mittelschicht.“ Das spiegelten auch die Zahlen der Schuldnerberatungen der evangelischen Nordkirche wider. Der Zulauf bei Tafeln oder Suppenküchen sei ebenfalls ein Zeichen dafür, dass Menschen tendenziell größere wirtschaftliche Probleme haben. Nicht umsonst sitzen bei „Mohltied“ in Wesselburen auch Sozialberater der Diakonie mit am Tisch und bieten im Bedarfsfall ihre Hilfe an.

Trotz der Vielzahl an lokalen und globalen Krisen erwartet die Bischöfin von der Politik entsprechende Maßnahmen zur Armutsbekämpfung. „Wir dürfen von unserem Anspruch, eine möglichst sozial gerechte Gesellschaft zu sein, nicht abrücken.“ Schleswig-Holstein brauche viel mehr bezahlbaren Wohnraum und eine verlässliche und pädagogisch gute Kinderbetreuung. Auch in die Bildung von Kindern und Jugendlichen müsse nachhaltig investiert werden. „Wenn ich lese, wie viele allein in Schleswig-Holstein die Schule abbrechen, weiß ich: Das können wir uns als Gesellschaft überhaupt nicht leisten.“