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Rheinischer Präses: Mitglieder-Studie spiegelt Familiensituation

Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Thorsten Latzel, sieht die in Ulm veröffentlichte Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung als Spiegel einer sich ändernden Familiensituation. Oft sei nur ein Partner Kirchenmitglied, schreibt Latzel in einem am Dienstag in Düsseldorf veröffentlichten Brief an die rheinischen Kirchengemeinden. „Die Weitergabe christlichen Glaubens in den Familien ist weniger selbstverständlich geworden.“

Am Dienstag waren im Rahmen der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Ulm die Ergebnisse der sechsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung (KMU) vorgestellt worden. Demnach schwinden Kirchenbindung und Religiosität der Deutschen schneller als bislang erwartet. Nach derzeitigem Trend werde der Anteil der christlich-konfessionell gebundenen Menschen in Deutschland schon im nächsten Jahr unter 50 Prozent sinken, heißt es.

Die Evangelische Kirche im Rheinland stärke ihre Arbeit, Familien in der christlichen Erziehung ihrer Kinder zu unterstützen: durch religionspädagogische Angebote in Kitas, in der Kinder- und Jugendarbeit oder auch speziell für junge Eltern, schreibt Latzel. Die Ergebnisse der Untersuchung zeigten zugleich, welche große Bedeutung die Konfirmation, der schulische Religionsunterricht und die kirchliche Jugendarbeit für die religiöse Entwicklung der Befragten hätten. Wichtige Berührungspunkte mit Kirche seien aus Sicht der Mitglieder weiterhin Taufen, Trauungen und Trauerfeiern.

Latzel verwies darauf, dass sich die Landessynode der zweitgrößten Landeskirche im Januar 2024 unter anderem mit der Frage beschäftigen werde, wie die kirchlichen Regelungen so verändert werden können, dass noch stärker auf die pluralen Lebenssituationen und Bedürfnisse der Kirchenmitglieder eingegangen werden könne.

Erfreulich sei der Befund, wie viele kirchlich beheimatete Menschen sich allgemein gesellschaftlich engagierten, schreibt der leitende Theologe. Auch belege die Untersuchung, dass die Kirche und ihre Diakonie nach wie vor eine hohe Reichweite in die Gesellschaft hinein besitzen. Engagierte wollten in ihrer Kirche laut Untersuchung Gemeinschaft erfahren. Mit dem neu eingerichteten Forum Fortbildung der Landeskirche solle dieses ehrenamtliche Engagement gestärkt werden, erläuterte Latzel.

Insgesamt sinke das Vertrauen in die beiden Kirchen als Groß-Institutionen, verweist Latzel auf einen weiteren Befund der Mitgliedschaftsuntersuchung. In der evangelischen Kirche bestehe aber weiterhin ein hohes Vertrauen. Die habe im Vergleich zu früheren Erhebungen sogar noch zugenommen. Dieses Vertrauen zu erhalten und zu stärken, nannte Latzel eine zentrale kirchliche Aufgabe, etwa auch im Blick auf den Umgang mit dem Thema sexualisierte Gewalt.

Seit 1972 erscheint etwa alle zehn Jahre die Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung. Sie ist eine religionssoziologische Studie zur Einstellung zu Religion und Kirche in der Bevölkerung. In der aktuellen Studie wurden erstmals auch repräsentative Ergebnisse für katholische Kirchenmitglieder mit erhoben. Die Befragung fand zwischen Oktober und Dezember 2022 durch das Meinungsforschungsinstitut Forsa statt. Insgesamt wurden 5.282 Personen befragt. Die Studie entstand unter Federführung des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD, die katholische Deutsche Bischofskonferenz mit Sitz in Bonn war erstmals daran beteiligt.