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“Prignitz Kurier” erscheint am Samstag zum letzten Mal gedruckt

In der dünn besiedelten Prignitz im Nordwesten Brandenburgs ist die gedruckte Zeitung nicht mehr rentabel. Der “Prignitz Kurier” setzt deshab konsequent aufs Digitale und hat so schon mehr Abonnenten als zu Print-Zeiten.

Am (heutigen) Samstag liegt die letzte gedruckte Ausgabe des “Prignitz Kuriers” in den Briefkästen der rund 2.500 Abonnentinnen und Abonnenten. Ab Montag erscheint die Lokalausgabe der “Märkischen Allgemeinen Zeitung” (“MAZ”) im Nordwesten Brandenburgs nur noch digital. Der zur Zeitungsgruppe Madsack gehörende Verlag hatte diesen Schritt bereits vor Monaten angekündigt, da die Zustellung der gedruckten Zeitung in der dünn besiedelten Region nicht mehr rentabel sei. In der Prignitz leben gut 75.000 Menschen auf einer Fläche, die doppelt so groß wie Berlin ist.

“Die Nachricht kommt gerade nicht wie Kai aus der Kiste”, sagt dazu Madsack-Chef Thomas Düffert. “Wir bereiten das seit fünf Monaten vor und haben wahnsinnig viel mit den Menschen dort kommuniziert. Aber nicht aus der Haltung heraus: Tut uns wahnsinnig leid, rentiert sich nicht mehr, ihr seid die Abgehängten”, so Düffert. Vielmehr hat der in Hannover ansässige Konzern, zu dem Titel wie die “Hannoversche Allgemeine”, die “Leipziger Volkszeitung”, die “Kieler Nachrichten” und die “Ostsee-Zeitung” aus Rostock gehören, die Prignitz zum Zukunftslabor erklärt.

“Meine Zukunft ist digital” titelte eine Sonderausgabe des “Prignitz Kuriers”, die alle Haushalte im Verbreitungsgebiet vor kurzem kostenlos erhielten. Die klare Botschaft: “Ihr seid die Zukunft.” Das, so Düffert, habe sich Madsack etwas kosten lassen. Denn es gehe längst nicht nur darum, die Menschen auf den neuen Verbreitungsweg via Internet zu holen und ihnen, wo nötig, die Technik zu erklären. “Wir haben uns intensiv mit der Region und den Menschen beschäftigt. Dabei haben wir Multiplikatoren von der Museumsdirektorin bis zum Feuerwehrchef, aber auch ganz normale Leser gefragt, was erwartet ihr von uns?”

Der Ansatz sei dabei ausdrücklich nicht gewesen, dass wie sonst üblich die Journalisten die Welt erklärten, so Düffert weiter: “Sondern die Menschen vor Ort haben uns erklärt, was läuft, wie es läuft und was sie von ihrer Zeitung erwarten.”

Die so gewonnenen Ergekenntnisse – weniger klassischer Terminjournalismus, mehr relevante lokale und regionale Themen – würden nun in den neuen digitalen Angeboten wie dem Newsletter, einer noch in der Entwicklung befindlichen personalisierten und regionalisierten News-App oder beim E-Paper umgesetzt. Auch hier seien die Nutzerinnen und Nutzer zu “Mitentwicklern” geworden, so Düffert.

Diesen Aufwand hat sich der Verlag etwas kosten lassen: Rund 750.000 Euro seien bislang in das “Projekt Prignitz” geflossen, sagte Düffert bei einem Zeitungsverlegerkongress in Berlin.

Die Führung der “Märkischen Allgemeinen” mit Hauptsitz im 150 Kilometer entfernten Potsdam ebenso wie die Konzernspitze im noch weiter entfernten Hannover sind optimistisch, dass die Rechnung nicht nur in der Prignitz aufgeht. Die ersten Zahlen sorgen für Optimismus. Nach Madsack-Angaben verzeichnete der “Prignitz Kurier” bereits fünf Monate nach Start des Projekts mit seinen rein digitalen publizistischen Produkten mehr als 3.300 Abonnements. Damit habe die “MAZ” ein deutliches Wachstum bei den Abonnements in der Prignitz erreichen können. Auch von den rund 2.500 bisherigen Nutzern der gedruckten Zeitungsausgabe hätten sich schon mehr als 60 Prozent für ein digitales E-Paper-Abonnement entschieden, heißt es in einer Konzernmitteilung.

Noch in diesem Jahr sollen nun die “MAZ”-Lokalausgaben in Kyritz und Wittstock dem Modell des “Prignitz Kurier” folgen und schon ab Dezember nur noch digital erscheinen. “Mit der Digitalisierung der Lokalausgaben möchten wir unser journalistisches Angebot verbessern und neue digitale Produkte an den Start bringen. Insgesamt wollen wir unser Angebot deutlich attraktiver machen: aktuell, relevant und nah am Menschen”, sagt MAZ-Chefredakteur Henry Lohmar: Das “Projekt Prignitz” war ein Aufbruch.