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Phänomen Taylor Swift – was an dem Popstar so fasziniert

Am Mittwoch startet Taylor Swift den Deutschlandteil ihrer Tournee. Auftritte sind in Gelsenkirchen, Hamburg und München geplant. Der Popstar dominiert wie wenige andere – längst nicht nur die Musikindustrie.

16 Monate ist es her, dass Taylor Swift ihre Fangemeinde in Schnappatmung versetzte: Am 17. März 2023 eröffnete sie in Glendale, Arizona, den ersten Abend ihrer “The Eras Tour” – und präsentierte eine dreieinhalbstündige Show, die einer Reise durch ihr musikalisches Leben gleichkommt. Nun steht sie mit der Tour, die sie nach der Veröffentlichung ihres elften Studioalbums im April noch einmal modifiziert hat, auch für sieben Abende in Deutschland auf der Bühne. Wer keines der begehrten Tickets ergattern konnte, der kann sich zumindest den Konzertfilm im Internet anschauen.

Die Schnappatmung der Fans ob der Konzeption der Show ist mittlerweile natürlich etwas verblasst – nun wissen die “Swifties”, wie sich ihre Fans bezeichnen, was an Konzertabenden auf sie zukommt. Deswegen richtet sich der Blick vermehrt in die Details: Jeder Song mit der je eigenen Inszenierung, jeder Outfit-Wechsel wird im Internet nach jeder Aufführung kleinteilig ausdiskutiert. Das tun sie nicht ohne Grund – und der wiederum hängt wohl auch mit dem Erfolgsrezept des Popstars zusammen.

Denn Swift bindet ihre Fans auch dadurch an sich, dass sie versteckte Hinweise auf kommende Veröffentlichungen gibt – von neuen Songs, Alben oder Musikvideos. “Eastereggs”, also “Ostereier”, nennen sich diese kleinen Zeichen, die sich überall verbergen können: In Instagram-Beiträgen, in der Wahl von Swifts Kleidung, in Videos, Gesten und vielem mehr. Wer will, kann mit der Entschlüsselung viele Stunden verbringen. Hoch im Kurs steht derzeit die Debatte darum, wann Swift die erneute Veröffentlichung des Albums “Reputation” von 2017 ankündigt – dieses Mal in einer Version, bei der die Musikrechte bei Swift selbst liegen werden.

Doch an der Vermarktungsmaschinerie “Swift”, die in vollem Gange ist, regt sich immer wieder auch Kritik aus verschiedenen Richtungen: Interviews gibt der Popstar selten, allein von ihrem neuesten Album “The Tortured Poets Department” liegen unzählige verschiedene Versionen vor, die Preise für Konzerttickets sind hoch, die Meilen, die Swift mit ihrem Privatjet gesammelt hat, sind viele. Hinzu kommt der verbreitete Vorwurf, Swifts Musik klinge immer gleich, die Texte – die die Künstlerin stets selbst schreibt – handelten nur von Herzschmerz.

Wer sich mit ihren elf Studioalben, die musikalisch unterschiedliche Genres durchschreiten, näher auseinandersetzt, wird sich mit dieser Kritik vielleicht aber auch schwer tun. Rache, Wut, Trauer, Resignation und Melancholie – das sind tragende Emotionen, die sich durch ihr jüngstes Studioalbum ziehen. Andere handeln vom Erwachsenwerden, von den Brüchen des Lebens, von Tod und Abschied und Liebe und ja, auch vom Liebeskummer; manchmal nutzt sie dafür auch religiöse Anleihen. Musik für alle Gemütslagen eben.

Dass Swift im Laufe der Jahre erwachsen geworden ist, sich zunehmend emanzipiert hat und damit zum Vorbild für viele junge Frauen geworden ist, gefällt nicht allen. Auf ihrem neuen Album sind vermehrt Songs mit einem “E” gekennzeichnet. Der Buchstabe steht für “explizit” und bezieht sich auf die Sprache in den Liedern: Swift flucht auf “The Tortured Poets Department” auch mal gerne.

Das Image des braven amerikanischen Mädchens, das sich problemlos von konservativen Kreisen rezipieren lässt, hat sie definitiv abgelegt. Andere stören sich daran weniger: Insbesondere mancher US-Demokrat wartet sehnsüchtig darauf, dass Swift sich wie beim vorherigen Wahlkampf wieder für ihren Kandidaten aussprechen wird.

Denn die Massen, die Swift bewegen kann, lassen sich nicht von der Hand weisen – und ihre aktuelle Tour ist das beste Beispiel dafür. So hat der kanadische Premierminister Justin Trudeau Swift per Twitter gebeten, doch auch nach Kanada zu kommen. Stockholm wurde vorübergehend zu “Swiftholm”, im Zoo von Edinburgh bekamen auch die Pinguine jene Freundschaftsarmbänder, die die Fans, angelehnt an einen Song ihres Idols, auf der Tour untereinander verteilen. In Rio de Janeiro wurde die Christusstatue über eine Projektion in ein an Swift erinnerndes Shirt gekleidet. Und Gelsenkirchen, Swifts erster Tournee-Halt in Deutschland? Das heißt vorübergehend “Swiftkirchen”.