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Neuer Potsdamer Garnisonkirchturm eröffnet

Die Trägerstiftung sieht ihn als neues “Wow-Wahrzeichen” der Stadt, Kritiker nennen ihn “Wahrzeichen des Terrors” – der neue Potsdamer Garnisonkirchturm sorgt nach der Eröffnung weiter für Debatten.

Gegen die Eröffnung des Garnisonkirchturms gibt es Proteste
Gegen die Eröffnung des Garnisonkirchturms gibt es ProtesteImago / epd-bild

Bundespräsident und Bischof in der Kapelle, Proteste vor der Tür: Nach fast sieben Jahren Bauzeit ist der neue Potsdamer Garnisonkirchturm mit einem Festakt eröffnet worden. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sagte bei der Feier, der neue Turm solle ein weltoffener Ort sein, der Menschen ins Gespräch bringt. Das Bauwerk erinnere daran, „welches Unheil nationale Raserei, Rassenwahn und Eroberungspolitik über Deutschland und Europa gebracht haben“, und müsse das werden, was der Ort „über lange Strecken seiner Geschichte nicht war: ein Ort der Demokratie“.

Steinmeier sagte, dazu gehöre auch, weiter kontroverse Debatten zu führen. Diese Debatten über eine Kirche, in der einst die „Religion in den Dienst nationalistischer Propaganda“ gestellt wurde, seien auch Ausweis eines kritischen Geschichtsbewusstseins. Die Deutung des neuen Turms dürfe nicht denjenigen überlassen werden, „die den Bau für ihre demokratiefeindlichen Interessen benutzen wollen“, sagte der Bundespräsident: „Die neue Garnisonkirche ist kein Ort der Verehrung von Militarismus, Nationalismus und Obrigkeitsstaat.“

Garnisonkirche galt lange als Ort antidemokratischer Kräfte

Die historische evangelische Garnisonkirche wurde im 18. Jahrhundert für die preußische Militärgarnison in Potsdam errichtet, galt lange als Ort antidemokratischer Kräfte und wurde 1933 von den Nationalsozialisten zur Inszenierung des „Tags von Potsdam“ genutzt. 1945 brannte sie nach einem Luftangriff aus, die Ruine wurde 1968 in der DDR abgerissen.

 

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Steinmeier rief dazu auf, den als Kultur- und Kreativzentrum genutzten benachbarten DDR-Bau zu erhalten. „Beide Gebäude müssen zu einer Koexistenz finden“, sagte der Bundespräsident. Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Christian Stäblein, sagte, der neue Turm sei zugleich „Bildungsort und Bethaus“ und solle ein wachsamer Ort für Frieden und Demokratie sein. Für Demokratiefeinde gebe es dort keinen Platz, sagte er: „Dafür sorgen wir.“ Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) betonte, der Ort verpflichte zur kritischen Auseinandersetzung mit der Geschichte.

Festakt mit Dietmar Woidke und Wolfgang Huber

An dem Festakt nahmen rund 120 geladene Gäste teil, darunter Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke und sein Amtsvorgänger Matthias Platzeck (beide SPD), der Berliner Altbischof Wolfgang Huber und Georg Friedrich Prinz von Preußen. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite protestierten rund 100 Menschen unter anderem mit Plakaten und Bannern mit Aufschriften wie „Wahrzeichen des Terrors“ und „Kein Segen für dieses Kirchenimitat“. Ab Freitag soll der Turm mit einer Dauerausstellung zur Geschichte und einer Aussichtsplattform für die Öffentlichkeit zugänglich sein.

Der neue Garnisonkirchturm folgt in der äußeren Gestalt weitgehend der Architektur des historischen Barockbaus. Die Kosten von rund 42,5 Millionen Euro wurden laut Trägerstiftung zu mehr als der Hälfte aus Bundesmitteln finanziert. Die Bauarbeiten laufen seit Herbst 2017. Die vollständige Fertigstellung des derzeit knapp 60 Meter hohen Bauwerks, dem noch die rund 30 Meter hohe Turmhaube fehlt, wird 2026 erwartet.