„Die Kirchen müssen sich mehr für alle Menschen öffnen, die hier leben.“ Diese Bilanz zieht Emmanuel Kileo, der neue Direktor des Missionswerks in Hermannsburg (ELM), nach rund 100 Tagen im Amt. Seine Antrittsbesuche hätten ihm gezeigt, dass die evangelische Kirche nicht die gesellschaftliche Vielfalt widerspiegele. „Sie ist viel zu weiß. Ich bin immer der einzige, der anders aussieht“, so der Pastor, der erst vor Kurzem von Tansania nach Deutschland gezogen ist. Dabei würden in Niedersachsen viele Menschen aus verschiedenen Kontexten leben, wundert sich Kileo. „Entweder sie werden in der Kirche ausgegrenzt. Oder es fehlt an einer Willkommenskultur.“
Kileo will selbst zu diesem Wandel zu mehr Offenheit beitragen. „Die Kirche sollte bunt sein“, wünscht sich der leitende Geistliche. Es sei daher wohl kein Zufall, dass zum ersten Mal jemand aus dem Globalen Süden mit der Leitung des ELM betraut sei, vermutet Kileo. Die evangelischen Kirchen in Niedersachsen seien bereit, sich selbstkritischer als zuvor mit Kolonialismus, Rassismus und Themen der Einen Welt zu befassen. „Ich bin ein Symbol dafür.“ Doch die Kirchen müssten in einem weiteren Schritt auch die nötigen finanziellen Mittel und inhaltlichen Anregungen dazu bereitstellen. „Viele Kirchenmitglieder stehen dahinter. Aber sie müssen es üben können.“
Die Kirchen im Norden sind zu alt
Für Emmanuel Kileo ist der Wandel eine Überlebensfrage der Kirche. Impulse für mehr Offenheit könnten auch aus der Partnerschaftsarbeit der Kirche mit dem Globalen Süden kommen, hofft Kileo. „Durch die Kontakte erhalten junge Menschen hier wieder Zugang zur Kirche. Das verändert Gottesdienste und macht sie für junge Menschen interessanter.“ Den Beobachtungen von Kileo zufolge ist die Kirche nämlich nicht nur zu weiß, sondern auch zu alt. „Sie braucht ein neues Konzept, wenn sie Zukunft haben will.“
Das ELM Hermannsburg, das von der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen gemeinsam finanziert wird, sieht Kileo als wichtigen Bestandteil des Austausches. „Wir gehen dem Geheimnis des Evangeliums nach und lernen zusammen. So können wir die Herausforderungen angehen.“ Doch zur Aufgabe heutiger Mission gehöre auch, für menschenwürdige Lebensverhältnisse in der Welt zu sorgen, sagt Kileo. „Wir sind für Gerechtigkeit verantwortlich.“