Naumburg besitzt einen einzigartigen Marienaltar: vor 500 Jahren geschaffen von Lucas Cranach, kürzlich ergänzt von Michael Triegel. Nun zieht der Altar vorübergehend nach Rom – wegen Ärger ums Weltkulturerbe.
Der berühmte Cranach-Triegel-Altar aus dem Naumburger Dom ist ab Sonntag (2. November) für zwei Jahre in der deutschsprachigen Kirche neben dem Petersdom zu sehen. Das wertvolle Kunstwerk sei wohlbehalten in Rom angekommen, die Aufbauarbeiten in der Kirche Santa Maria della Pietà auf dem Campo Santo Teutonico schritten zügig voran, teilten die Vereinigten Domstifter Naumburg als Eigentümer des evangelischen Doms am Donnerstag mit. Der Rektor des Campo Santo Teutonico, Peter Klasvogt, zeigte sich erfreut über die Ausstellung des außergewöhnlichen Kunstwerks. Eigentümerin des Komplexes aus Friedhof, Kirche, Priesterkolleg und Standort der Görres-Gesellschaft ist die Erzbruderschaft zur Schmerzhaften Muttergottes.
Der 1520 von Lucas Cranach (1472-1553) geschaffene und während der Reformation teils zerstörte Altaraufsatz wurde im Auftrag des Naumburger Doms von dem Leipziger Künstler Michael Triegel vervollständigt. Die Aufstellung des Altars 2022 löste einen Streit um den Unesco-Welterbetitel aus: Durch das Kunstwerk seien die Sichtachsen auf die zwölf Stifterfiguren des Doms beeinträchtigt, was den seit 2018 verliehenen Weltkulturerbe-Status gefährde.
In der Zeit der Ausleihe solle eine einvernehmliche Lösung für den Altar gefunden werden, die nicht das Welterbe gefährde, so die Vereinigten Domstifter zu Merseburg und Naumburg und des Kollegiatstifts Zeitz, die als Landeskulturstiftung Eigentümer des Domes in Sachsen-Anhalt sind. Die Unesco befürworte nach einer Entscheidung vom Juli einen anderen Standort, um die ursprünglichen Sichtbeziehungen, wie sie bei der Vergabe des Welterbe-Titels 2018 im Westchor geherrscht haben, wieder herzustellen, hieß es.
Den Transport des wertvollen Kunstwerks zu seinem vorübergehenden Aufenthaltsort in Rom habe das Land Sachsen-Anhalt maßgeblich gefördert, so die Domstifter. Zu einer Feierstunde am Sonntag auf dem Campo Santo werden Vertreter aus Kirche, Kultur und Wissenschaft erwartet.
Das Werk verbinde auf einzigartige Weise Renaissance und Gegenwart, Kunst und Glauben miteinander. “Mit der Präsentation des Cranach-Triegel-Retabels wird der Campo Santo Teutonico einmal mehr zu einem Ort des kulturellen und spirituellen Dialogs zwischen Deutschland und Rom – getragen von europäischem Geist und dem gemeinsamen Anliegen, Kunst und Geschichte lebendig zu bewahren”, so die Stiftung des evangelischen Doms.