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Nachhaltig gesichert voran

Die Evangelische Jugend von Westfalen war mit einem 13-köpfigen inklusiven Team vom 20. bis 28. August in Wittenberg im „youngPOINTreformation“, dem Begegnungszentrum der Evangelischen Jugend Deutschland, dabei

Ganz Wittenberg in der Hand der Evangelischen Jugend von Westfalen? Okay, nicht ganz Wittenberg. Und auch nicht die ganze Weltausstellung, aber doch ein ganz schön großes Stück davon. Denn vom 20. bis 28. August war dort ein Team der Evangelischen Jugend von Westfalen Herr und Meister über den „youngPOINTreformation“ (yPr), das Begegnungszentrum der Evangelischen Jugend Deutschland bei der Weltausstellung Reformation in Wittenberg. Die riesige Konstruktion aus Baugerüstteilen, umhüllt mit weißen Planen, mitten in der Stadt, beherbergt im Innenraum eine Ausprobier-Ausstellung zum Thema Nachhaltigkeit. Oben auf dem Dach des Würfels: der Klettergarten mit einem erlebnispädagogischen Parcours.
Eine Woche lang hat ein inklusives Team aus Westfalen Besucher durch die Ausstellung geführt und den Klettergarten organisatorisch begleitet. Ein inklusives Team? Ja genau! Drei Ehrenamtliche mit und sechs ohne Handicap, ein Pfarrer aus dem Kirchenkreis Steinfurt-Coesfeld-Borken sowie drei Mitarbeitende aus dem landeskirchlichen Amt für Jugendarbeit (AfJ) bildeten die yPr-Besatzung. Vor Ort wurde nicht nur gearbeitet, sondern in Wohncontainern direkt am yPr auch gelebt, geschlafen, gegessen und gekocht, wie AfJ-Geschäftsführer Knut Grünheit berichtete.
Die zentrale Frage der Ausstellung war: „Wie gelingt ein gutes Leben für alle?“ Ganz praktisch konnten die Besucher erleben, wo das Maß für Schokoladen- und Fleischkonsum liegt, um allen Menschen dieser Welt eine gute Zukunft zu ermöglichen. Um das zu ermitteln, galt es, an einer Stellage mit mehreren mit Weizenkörnern gefüllten großen Plastiksäulen durch Betätigung eines Drehgriffs an jedem Säulenende, wie man ihn von alten Kaugummiautomaten kennt, seine Verbrauchsmenge zu bestimmen. Jede Säule repräsentierte dabei für uns alltägliche Güter wie etwa Wasser und Wohnfläche. Zu jeder Säule gab es eine Frage, beispielsweise: „Wie viel Schokolade isst du in der Woche?“ Durch Drehen des Griffs, bei sparsamem Verbrauch einmal, bei größeren Mengen mehrfach, rieselten die Weizenkörner in zuvor ausgegebene Glasflaschen.
„Eigentlich müsste man mit einer Flasche auskommen. Das schafft aber fast keiner“, weiß Simon aus vielen Gesprächen mit Besuchern unterschiedlichen Alters. „Durch die Flaschen ist man unmittelbar bei dem Thema, wie viel Ressourcen wir verbrauchen, vielleicht auch auf Kosten nachfolgender Generationen oder ärmerer Länder. Da gibt es dann schon spannende Unterhaltungen.“
Highlight unter den Angeboten, darunter dreimal täglich Andachten im Altarraum des yPr und wahrhaft wegweisende Workshops, war sicher der Vortrag des National Technology Officers von Microsoft Deutschland, Thomas Langkabel, zum Thema „Entwicklungen und Chancen der Digitalisierung – Brauchen wir eine digitale Ethik?“. Eindrücklich schilderte der Experte, dass wir nach den industriellen Revolutionen mit Dampfmaschine, Elektrizität und Einführung von Elektronik und IT nun in der Phase der „Industrie 4.0“, der Digitalisierung, seien.
Durch die digitalen Entwicklungen befände sich die Gesellschaft in einer weiteren „radikalen Transformation“. Die Digitalisierung – er nannte etwa Autonomes Fahren und Künstliche Intelligenz – werfe viele neue gesamtgesellschaftliche Fragen auf: Wer trifft letztlich die Entscheidungen? Wem vertrauen wir mehr, Mensch oder Maschine? Oder gibt es gar keine klaren Antworten?
Den Entwicklungen, ist sich Langkabel sicher, können wir nicht ausweichen. Wir könnten aber die Qualität des Diskurses und seine Verankerung in der Breite der Gesellschaft immer weiter vorantreiben, um bei allen Entwicklungen Nutzen und Risiko abzuwägen. Er regte an, die Ergebnisse in einer Art Ethikkonvention festzuschreiben. Die Kirchen, so Langkabel, könnten bei diesen Fragen eine wichtige Rolle spielen. Peter Bednarz, Bildungsreferent im AfJ, resümmierte: „Wir brauchen eine digitale Mündigkeit. Wir als Jugendverband haben auch da die Aufgabe, junge Menschen für das Leben fit zu machen.“