BERLIN/DÜSSELDORF/KARLSRUHE – Auch im Halima-Kindergarten wird Weihnachten Thema sein – wie jedes Jahr im „unabhängigen Kindergarten von Muslimen“ in Karlsruhe. In den Geschichten, die den 22 Kindern dazu vorgelesen werden, ist Jesus aber nicht der Erlöser, sondern nur ein Prophet von vielen.
„Wir sind ein normaler Kindergarten, in dessen Konzept auch religiöse Aspekte einfließen – so wie in evangelischen oder katholischen Kindergärten“, sagt Mesut Palanci, Vorsitzender des Elternvereins als Träger. Die nicht an eine Gemeinde gebundene Kita ist offen für Nicht-Muslime, wenngleich der muslimische Träger die Bedürfnisse von Muslimen in den Mittelpunkt stellt.
Noch ist das ungewöhnlich in Deutschland – trotz vier Millionen muslimischer Bürger, die Schulen und Kitas besuchen, älter werden – und entsprechende soziale Dienstleistungen nachfragen. Doch soll sich das ändern, denn inzwischen sei der Bedarf an muslimischer sozialer Arbeit viel zu groß, um sie wie bisher in den rund 2600 Moscheegemeinden fast ausschließlich ehrenamtlich leisten zu können, sagt zum Beispiel der Düsseldorfer Sozialpädagoge Samy Charchira. Der Wohlfahrtsexperte verweist etwa auf die besonderen Bedürfnisse von Muslimen in der Altenpflege: „Alte Menschen wenden sich der Religion stärker zu und wünschten sich entsprechende Angebote in der Pflege.“
Um professionell zu arbeiten, müssten die vielen sozialen Angebote der Gemeinden und Organisationen vor Ort Teil der öffentlichen Wohlfahrt werden, befand darum die Deutsche Islamkonferenz (DIK) im Januar. Darüber soll eines Tages ein eigener Dachverband stehen, ein siebter deutscher – muslimischer – Wohlfahrtsverband. Ein erster Schritt dahin ist die im März erfolgte Gründung der „Arbeitsgemeinschaft Islamische Wohlfahrtspflege“, der acht muslimische Verbände angehören, als Ansprechpartner für die Politik.
Die jüngsten Beratungen des Lenkungsausschusses der DIK in Berlin zum Thema Wohlfahrtspflege ergaben, dass die Bundesregierung die Muslime in Deutschland in die Integration von Flüchtlingen einbinden und im Gegenzug muslimische Verbände stärker fördern will. So erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) nach der Sitzung, muslimische Wohlfahrtseinrichtungen sollten im kommenden Jahr erstmals eine staatliche Förderung erhalten (Kommentar Seite 5).
Die für die Wohlfahrtspflege zuständige Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig (SPD) betonte, rund 10 000 Muslime engagierten sich bereits ehrenamtlich in der Kinder-, Jugend- und Altenarbeit. Sie werde künftig die muslimische Seite ebenso in Förderprogramme ihres Ministeriums einbeziehen wie die Wohlfahrtsverbände. Die Bundesministerin will 10 000 zusätzliche Stellen im Bundesfreiwilligendienst für die Flüchtlingsbetreuung schaffen. Als Einsatzstellen kommen auch muslimische Einrichtungen infrage. epd/UK
Artikel teilen: