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Mit Hecken gegen Sandstürme

Weil sich Feld an Feld reiht, können Stürme beträchtliche Schäden anrichten und sogar Menschenleben fordern. Ein Brandenburger Pfarrer will die Erosion der Felder stoppen

grafxart - Fotolia

Acht Menschen starben, mehrere hundert wurden verletzt. Der Sandsturm, der im April 2011 über die Autobahn A 19 bei Rostock fegte, war einer der heftigsten der letzten Jahre. Der schwere Unfall, den er ausgelöst hat, bleibt den Menschen im Gedächtnis. „Eine Mitschuld an dem Sturm tragen fehlende Hecken“, sagt Ulrich Kasparick. Der Ackerboden konnte von den Feldern einfach aufgewirbelt und in der Gegend verteilt werden. Ein Phänomen, das in Deutschland immer öfter zu bemerken ist: Der Boden erodiert, verliert an Wert.

Fast alle Hecken wurden abgeholzt

Ulrich Kasparick will sich damit nicht abfinden. Der frühere Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium ist seit einigen Jahren Pfarrer in Uckerland, einer kleinen Gemeinde im äußersten Norden Brandenburgs, die kirchlich schon zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland gehört. Und die, wie viele Kirchengemeinden im Nordosten, über einen erheblichen Bestand an Kirchenland verfügt. „Auch bei uns hat man zu DDR-Zeiten fast alle Hecken abgeholzt“, sagt Kasparick.
Die Äcker seien fast bis an den Straßengraben gepflügt, noch der letzte Zentimeter des Felds soll bestellt werden. „Aber wir sind auf der Erde nur Durchreisende“, sagt Kasparick. „Unsere Kinder und Enkel müssen mit dem leben, was wir ihnen hinterlassen.“ Deswegen hat der Pfarrer aus der Uckermark einen Plan: „Wir wollen wieder Hecken pflanzen.“ Denn Hecken würden nicht nur der Erosion und damit dem Wertverlust der Felder vorbeugen. Sie böten auch zahlreichen geschützten Tieren einen Lebensraum. Und jeder neu gepflanzte Baum sei zugleich ein Beitrag zum Klimaschutz.
Im Internet sammelt Kasparick Spenden. „Wir haben mit dem Rosengarten ja schon einmal großen Erfolg gehabt“, erinnert Kasparick an ein Projekt, das ihn und seine Gemeinde bundesweit bekannt machte: Über das Internet bat der Theologe um Pflanzenspenden für den Rosengarten hinter seinem Pfarrhaus. Mittlerweile sind mehrere hundert Rosen gepflanzt, der Garten ist zum neuen Treffpunkt des Dorfes geworden. Sogar Busgruppen besuchen das Dorf.
An diesen Erfolg will Ulrich Kasparick nun anschließen. „Fünf Quadratmeter Hecke kosten etwa 13 Euro“, sagt Kasparick. „Das ist der Preis eines kleinen Blumenstraußes, aber er ist ungleich nachhaltiger.“ Wichtig ist dem Theologen, dass er sein Projekt nicht gegen die Bauern umsetzt, die das Kirchenland gepachtet haben. „So etwas klappt nur zusammen mit den Landwirten“, sagt Kasparick.

In Zusammenarbeit mit den Landwirten

Vor Ort in der Uckermark jedenfalls hat der Pfarrer schon jede Menge Menschen überzeugt: Der örtliche Landtagsabgeordnete Uwe Schmidt (SPD) hat die Schirmherrschaft übernommen, die SPD-Generalsekretärin Klara Geywitz beteiligte sich mit einer großen Spende. Bei einer Konfirmation wurde für die Hecken gesammelt, und sogar ein Kind, die kleine Jasmin, spendete ihr Taschengeld für einen ganzen Monat für die Heckenpflanzung. Deswegen ist ein Abschnitt der Hecke nun nach ihr benannt.
„Aber wenn wir nur auf unserem Kirchenland die Hecken erneuern, ist das ein Tropfen auf dem heißen Stein“, sagt Kasparick. „Wirklich etwas bewegen werden wir nur, wenn sich auch andere Kirchengemeinden und Landbesitzer daran beteiligen.“ Und auch politisch würde sich der Pfarrer manche Neuregelung wünschen.
„Ich finde, dass die Bundesländer alle ein Landesförderprogramm „Erosionsschutz“ auflegen sollten“, sagt Kasparick. In Sachsen-Anhalt zum Beispiel würden neue Hecken bis zu einem Volumen von 100 000 Euro zu 100 Prozent staatlich finanziert. „Und in den Begleitgesetzen zum Straßenbau kann man regeln, dass bei jedem Neubau und jeder Reparatur Begleithecken anzulegen sind – die würden dann über den Verkehrshaushalt gleich mit finanziert.“